Gaisbauer - © Foto: Furche

Brief #69: Ich möchte einem Religionslehrer ein Denkmal setzen

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Hubert Gaisbauer erinnert sich an einen Religionsprofessor, der gezeigt hat: Vernunft und Glauben vertragen sich. Eine Tatsache, die gerade in der Diskussion um die gebärende Maria in Linz wichtiger denn je ist.

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Hubert Gaisbauer erinnert sich an einen Religionsprofessor, der gezeigt hat: Vernunft und Glauben vertragen sich. Eine Tatsache, die gerade in der Diskussion um die gebärende Maria in Linz wichtiger denn je ist.

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Die Vorstellung, an Ihrer Übung im Alleinsein – im Beisein Ihrer Hündin – virtuell teilnehmen zu dürfen, ist mir nicht unangenehm. Alleinsein-Training brauche ich aber nicht, das kann ich ganz gut – eben allein. Allerdings sagt sich das leicht, wenn fast immer jemand in Rufnähe ist. Oder mit Geschirrklappern oder Klavierklimpern (Pardon: -üben) mitteilt: Ich bin eh da. Zu dem Thema „Politische Bildung in der Schule“ möchte ich noch einmal auf den etwas abstrakten Begriff „Unterrichtsprinzip“ eingehen. Nun bin ich kein Schulpädagoge, aber er bedeutet für mich, dass der gesamte Unterricht gleichsam durchtränkt ist von all dem, was für ein lebendiges demokratisches Zusammenleben sinnvoll, ja notwendig ist. Es ist ein roter Faden, der in allen Fächern entdeckt und sichtbargemacht werden kann. So die Idee– und hoffentlich nicht nur meine! Natürlich wäre dies eine enorme und vor allem eine kreative Herausforderung für Lehrer, Schüler und ja, auch Eltern.

Ideen statt Ideologien

In einem hoffentlich nicht vergessenen Grundsatzerlass dafür war ja einmal zu lesen: „Für das Unterrichtsprinzip Politische Bildung ist die Vorstellung maßgebend, dass Lernen auf Erfahrung und Einsicht beruht und Erkennen und Wissen in Beziehung zu einer möglichen Aktivität stehen.“ Ideen sind also gefragt, nicht Ideologien! Ähnlich ist es ja auch beim Religionsunterricht. Ihrer Erfahrung damit, liebe Frau Hirzberger, von der Sie berichtet haben, möchte ich meine gegenüberstellen. Ich hatte das Glück, acht Jahre lang einen Religionsprofessor zu haben, der uns keine Sekunde gelangweilt oder gutmeinend indoktriniert hätte. Er war die Verkörperung (wohl etwas rundlich!) der Verträglichkeit von Vernunft und Glauben. Drum möchte ich ihm dankbar ein kleines Denkmal setzen. Und ausnahmsweise sogar seinen Namen nennen. Er hieß Dr. Karl Böcklinger, war Priester und Mitglied des Domkapitels in Linz. Gerne hätte ich ihn heute um seine Meinung zur Idee der heftig angefeindeten Skulptur der gebärenden Maria im Linzer Dom gebeten. Ich bin sicher, sie würde theologisch reflektiert sein. Die fundamentalistisch brutale Attacke würde er natürlich entschieden verurteilen. Apropos Denkmal: Für die meisten Religionslehrer unserer Kinder und Enkelkinder fällt mir leider kein Denkmal ein.

Ich bin ja der Meinung, dass ein gelungener Religionsunterricht in der Methode sehr verwandt mit dem ist, was mir als politische Bildung vorschwebt. Er könnte ebenso von einem Selbstverständnis ausgehen, dass Lernen an sich schon wertvoll ist. Besonders dann, wenn es Orientierungshilfen bietet in einem vielleicht weglosen Gelände, wenn man den eigenen Standort im Leben erkunden oder ein Ziel ins Auge fassen möchte. Vor nicht allzu langer Zeit hat ja auch ein gewisses Wissen um religiöse Zusammenhänge noch zur sogenannten Allgemeinbildung gehört. Ich finde es beschämend, wenn heute religiöse Symbole und Zeichen, Ausdruck abendländischer Kulturepochen, nicht mehr erkannt und dechiffriert werden können. Wissen um Religion muss ja nicht gleich ein dogmatisches Lehrgebäude sein, aber vielleicht eine Tür, von der man zumindest weiß, wie sie in der Angel hängt. Ob man nun hindurchgeht oder nicht. Ich wünsche Ihnen sonnige und nicht zu heiße Sommertage!

Ihr Hubert Gaisbauer

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