HIrzberger - © Foto: Furche

Brief #66: Ich konnte mir meinen Kindheitswunsch erfüllen

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In der Kolumne "Erklär mir deine Welt" kommen Hubert Gaisbauer und Johanna Hirzberger miteinander ins Gespräch. Diese Woche geht es um Europa.

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In der Kolumne "Erklär mir deine Welt" kommen Hubert Gaisbauer und Johanna Hirzberger miteinander ins Gespräch. Diese Woche geht es um Europa.

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Lieber Herr Gaisbauer!

In Ihrem letzten Brief hat mir ein Satz besonders gut gefallen: „Gescheit über Kunst daherreden bringt nichts.“ Oh, das begeistert mich! Ich möchte am liebsten auf den Esstisch springen und jubeln: „Nieder mit dem Klassismus.“ Okay, ich übertreibe. Vielleicht liegt meine Euphorie auch an meiner neugewonnenen Lebensqualität. Nach 15 Jahren sehe ich endlich wieder glasklar. Es ist unglaublich, wie sich meine Wahrnehmung der Welt durch einen fünfminütigen Eingriff verändert hat. Ich erkenne die Straße, in der ich lebe, kaum wieder. Na ja, eigentlich erkenne ich plötzlich viel mehr in meiner Straße. Stellen Sie sich vor: Wenn ich aus meinem Küchenfenster sehe, kann ich sogar die einzelnen Blätter des Baumes in unserem Innenhof erkennen. So müssen sich Superheldinnen fühlen, wenn sie sich verwandeln und plötzlich neue Kräfte entwickeln.

Ich erzähle Ihnen das aber nicht nur, um meine Freude mit Ihnen zu teilen. Ich möchte mich auch gleich dafür entschuldigen, dass ich vielleicht nicht in bester Form schreibe. Kurze Randnotiz: Mir fällt auf, dass ich mich in unseren Briefen immer wieder für eventuell mangelnde Leistung entschuldige. Woran könnte das liegen? Vielleicht gehe ich so mit meinem Impostor-Syndrom um. Haben oder hatten Sie das auch? Damit sind massive Selbstzweifel gemeint. Man stellt die eigenen Fähigkeiten, beruflichen Erfolge oder Leistungen infrage. Lange Zeit war ich davon überzeugt, dass nicht meine Ausdauer, sondern Glück und Zufall mein Gelingen bestimmen. Bei manchen Menschen geht es ja so weit, dass sie sogar Angst davor haben, als Betrügerinnen oder Betrüger entlarvt zu werden. Jetzt, wo ich darüber nachdenke, frage ich mich, wie sehr der Leistungsgedanke, der bereits im Kindergarten und in der Schule beginnt, diese Unsicherheiten prägt. Sie haben mir von Ihrer Volksschule erzählt, die Sie bei einem Heimataufenthalt besuchten. Wie waren Sie denn als Schüler, wenn ich fragen darf? Haben Sie gute oder schlechte Erinnerungen an den Unterricht?

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