Israel, Palästina, Demonstration, Protest, Flaggen, Hamas, Krieg, Nahost - © Fotos: APA / dpa / Stefan Sauer; APA / dpa / Jörg Carstensen

Ein Jahr nach dem 7. Oktober: Tom Segev über die Unmöglichkeit von Versöhnung

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Den Nahostkonflikt kann man nicht lösen, sondern nur managen, sagt der israelische Historiker Tom Segev. Benjamin Netanjahu wiederum sei für diese Aufgabe denkbar ungeeignet. Ein Gespräch anlässlich des genozidalen Massakers der Hamas, das sich am 7. Oktober erstmals jährt.

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Den Nahostkonflikt kann man nicht lösen, sondern nur managen, sagt der israelische Historiker Tom Segev. Benjamin Netanjahu wiederum sei für diese Aufgabe denkbar ungeeignet. Ein Gespräch anlässlich des genozidalen Massakers der Hamas, das sich am 7. Oktober erstmals jährt.

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Am 7. Oktober 2023 drangen zirka 2000 Hamas-Terroristen auf dem Land-, See- und Luftweg an mehreren Orten in Israel ein und begannen ein Massaker, bei dem sie Familien und Einzelpersonen in ihren Häusern, auf den Straßen und bei einem Musikfestival töteten oder in den Gazastreifen entführten. Fast 1200 Menschen wurden grausam ermordet, tausende verletzt oder vergewaltigt und rund 200 als Geiseln verschleppt. Israel reagierte mit einem Militäreinsatz in Gaza und befindet sich inmitten eines Bodeneinsatzes im Libanon. (Die Berichterstattung bezieht sich auf die Ereignisse vor Redaktionsschluss am 2. Oktober 2024.)

DIE FURCHE sprach mit dem israelischen Historiker Tom Segev über das historische Datum und die Zäsur, die damit für sein Land einherging. Dass es eines Tages eine Versöhnung zwischen Israelis und Palästinensern geben wird, hält er für immer unwahrscheinlicher.

DIE FURCHE: Seit dem Beginn des Gazakriegs beschießt die Hisbollah-Miliz Israel mit Raketen. Israel reagierte: nach den Pager-Explosionen nun auch mit Luftschlägen und Bodentruppen. Auch die Zentrale der Hisbollah wurde beschossen. Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah wurde dabei getötet. Die USA, aber auch Frankreich und Deutschland fordern eine Feuerpause. Regierungschef Benjamin Netanjahu erteilte dieser eine Absage. Wie bewerten Sie die angespannte Lage an Israels Nordgrenze? Droht nun ein großer Krieg zwischen der Hisbollah und Israel?
Tom Segev:
Die immer wieder geführten Kriege zwischen Israel und dem Libanon waren seit jeher irrational. Beide Seiten wollen sie nicht. Israel behandelt die Hisbollah wie einen „bösen Buben“. Das riesige Raketenarsenal, das die Hisbollah aufgebaut hat, hat man jahrelang hingenommen – als sei es nur ein Spielzeug. Die Hisbollah wiederum fühlt sich aufgrund ihres Selbstverständnisses dazu gezwungen, die Palästinenser im Gazastreifen zu unterstützen, allerdings nur bis zu jenem Punkt, bis zu dem sie sich nicht selbst gefährdet. In dieser Hinsicht scheint etwas aus dem Ruder gelaufen zu sein: Die Hisbollah griff bis jetzt in der Regel keine israelischen zivilen Ziele an. Aber: Mittlerweile wurden tausende Privathäuser entlang der libanesischen Grenze evakuiert. Nicht zuletzt setzen die betroffenen Bewohner Israels Regierung unter Druck. Sie wollen zurückkehren, fordern ein hartes Durchgreifen. Letzteres wiederum führte dazu, dass hunderttausende libanesische Dorfbewohner nun gezwungen sind, in den Norden zu fliehen. Es gibt bereits hunderte Todesopfer. Der Hauptfeind beider Seiten scheint ihr nationales Ego zu sein. Ich gehe davon aus, dass es ihnen gelingt, auch hier wieder eine Einigung zu erzielen. Übrig bleibt das Gefühl, dass erneut alles unnötig war.

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