USA und Israel: "Selbstmord eines Freundes"
Ist die amerikanische Außenpolitik gefangen in den Klauen der "Israel-Lobby" oder ist Israel ein Zögling der USA von seiner Gründung an?
Ist die amerikanische Außenpolitik gefangen in den Klauen der "Israel-Lobby" oder ist Israel ein Zögling der USA von seiner Gründung an?
"Wir werden mit den Antiimperialisten in der ersten Reihe der Demonstration am 21. Juni gehen!" kündigte Oberrabbiner Moishe Ayre Friedman die Teilnahme seiner Orthodoxen Jüdischen Gemeinde bei der Anti-Bush-Demonstration in Wien an - die Abneigung gegen den US-Präsidenten und seine Politik bringt Allianzen von sehr rechts bis sehr links zustande. Ein Spektrum an Anschauungen, das auch die Ansichten zum Verhältnis zwischen den USA und Israel beschreibt: Für die einen ist Israel ein amerikanischer Zögling von seiner Gründung an, das andere Extrem sieht hingegen die USA gefangen in den Klauen jüdischer Interessen und einer amerikanischen "Israel-Lobby".
Den zweiten Standpunkt vertreten unter anderem die beiden US-Wissenschafter John Mearsheimer (Universität Chicago) und Stephen Walt (Harvard-Universität Boston), die in einer kürzlich veröffentlichten Studie akribisch nachzuweisen versuchen, dass israelische Interessen seit Jahrzehnten die amerikanische Außenpolitik dominieren: Washington betreibt eine Politik, schreiben Mearsheimer und Walt in ihrer 81-seitigen Studie, die den nationalen Interessen der USA schadet, den Ölpreis in die Höhe treibt, das Verhältnis zur Arabischen Welt vergiftet und die Terrorgefahr vergrößert. Und dies alles nur um der "Israel-Lobby", gestützt von den sechs Millionen Juden in den USA, zu gefallen. Selbst der aktuelle Streit um das iranische Atomwaffenprogramm werde von israelischen Interessen diktiert - denn die USA allein könnten mit einer Atommacht Iran leben.
Alles auch im US-Interesse
"Ein erbärmliches Stück Wissenschaft" kommentieren andere Wissenschafter die Arbeit ihrer ansonsten angesehenen Kollegen und nennen die beiden "Lügner" und "Fanatiker". David Gergen, der Ex-Berater und Ex-Kommunikationschef mehrerer us-Präsidenten schreibt in einer Replik: "In vier Amtszeiten im Weißen Haus habe ich nicht eine einzige Entscheidung zu Gunsten Israels auf Kosten von us-Interessen erlebt."
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