Sommer der Demokratie - © Collage: Rainer Messerklinger (unter Verwendung von Bildern von iStock/spastonov, /sasar, /JacobH, /Luftklick, / Ralf Geithe, /Alfonso Sangiao und /D-Keine)

Warum die Demokratie Religion braucht

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Der Glaube an Gott kann als „kritischer Stachel“ im Fleisch säkularer Gesellschaften die Demokratie stärken – oder ihr als politisch instrumentalisierbare Ideologie zur Abgrenzung von anderen entgegenstehen. Wie muss Religion also qualitativ beschaffen sein? Fünfter Teil der FURCHE-Serie."Sommer der Demokratie".

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Der Glaube an Gott kann als „kritischer Stachel“ im Fleisch säkularer Gesellschaften die Demokratie stärken – oder ihr als politisch instrumentalisierbare Ideologie zur Abgrenzung von anderen entgegenstehen. Wie muss Religion also qualitativ beschaffen sein? Fünfter Teil der FURCHE-Serie."Sommer der Demokratie".

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So manche strukturelle Ähnlichkeit der Demokratie mit einem bibeltheologisch fundiertem Glauben ist frappant. Auch der Glaube kann als „System organisierter Unsicherheit“ – nämlich der existenziellen Unsicherheit des Lebens – gesehen werden. Er möchte Freiheit sichern und entwickelt dazu Institutionen: kultische Regeln, ethische und rechtliche Normen sowie soziale Organisationsformen wie etwa die Gemeinden. Wie die Demokratie beruht dieser Glaube auf alltäglichen Erfahrungen und Vorstellungen, entwirft Modelle des Lebenssinns und zwischenmenschlicher Beziehungen sowie Optionen zum Umgang mit Konflikten, Enttäuschungen und Herausforderungen. Was Till van Rahden über die Demokratie sagt – sie sei eine „Lebensform“ – gilt soziologisch auch für den Glauben.

Demokratie in der Bibel

Vielleicht liegt diese Ähnlichkeit auch daran, dass – wie Jan Assmann in seinem Buch „Exodus“ zeigt – der Bund, den Gott mit dem gesamten Volk am Sinai schließt, und die daraus resultierende Lebensform wesentlich mehr demokratische und herrschaftskritische Elemente enthalten als die athenische Demokratie; an dieser konnten nur freie attische Männer teilhaben. Wie sehr sich zentrale Motive modernen politischen Denkens und damit auch die Demokratie weniger dem säkularen Denken als vielmehr der hebräischen Bibel verdanken, belegt auch Eric Nelson in seiner Studie „The Hebrew Republic“. Überzeugungen wie jene, dass nur Republiken legitime Regime sind, Eigentum basierend auf dem Prinzip der Gleichheit verteilt und religiöse Diversität toleriert werden soll, verdanken sich rabbinischen Auslegungen der biblischen Schriften.

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