Vergewaltigungen durch russische Soldaten: Einige Vorfälle gleichen Folter
Russische Soldaten nutzen sexuelle Gewalt systematisch als Unterdrückungsinstrument in der Ukraine. Frauen und Mädchen im Alter von vier bis 83 Jahren erlebten schockierende Übergriffe und berichten von anhaltender Gewalt.
Russische Soldaten nutzen sexuelle Gewalt systematisch als Unterdrückungsinstrument in der Ukraine. Frauen und Mädchen im Alter von vier bis 83 Jahren erlebten schockierende Übergriffe und berichten von anhaltender Gewalt.
Es war ein knapper Mitschnitt eines Telefonats aus den ersten Monaten nach der russischen Invasion 2022: Ein russischer Soldat berichtet vom Armee-Alltag in der Ukraine, vom Plündern und Menschen, die ihm zur Verfügung stünden. Und seine Freundin: Die wünscht ihm viel Spaß dabei und mahnt ihn, doch nicht ungeschützt zu vergewaltigen.
Sexuelle Gewalt ist fixer Bestandteil des russischen Unterdrückungsapparats in den besetzten Gebieten in der Ukraine. „Wir gehen nicht davon aus, dass es sich hier um isolierte Fälle handelt“, so Khrystyna Kit von der NGO JurFem. JurFem kümmert sich um Rechtshilfe für Opfer sexueller Gewalt. Aktuell sind das in der Betreuung von JurFem 30 Fälle. In Summe sind 292 Fälle bei ukrainischen Gerichten anhängig. Dabei ist eines klar: Das ist die winzige Spitze eines riesigen Eisberges. Denn: Voraussetzung ist, dass die Opfer überlebt haben, dass die Opfer es geschafft haben, auf ukrainisch kontrolliertes Gebiet zu gelangen, dass die Täter identifiziert werden konnten, und vor allem auch, dass die Opfer dieser Taten gewillt sind, an die Öffentlichkeit zu gehen – und zugleich auch in der Verfassung sind, ein Verfahren durchzustehen.
Sex als Kriegswaffe
„Die Menschen sind noch nicht bereit, solche Fälle zu melden“, sagt Khrystyna Kit. Und dafür könne es ihr zufolge sehr unterschiedliche Gründe geben: „Einige sind nicht bereit, andere haben Angst um ihre Vertraulichkeit oder ihr Leben – einige haben Familie in den besetzten Gebieten. Einige glauben, dass die russischen Soldaten zurückkommen und sich rächen werden.“ Und hinzu kommt Scham.
Die Gründe, wieso Khrystyna Kit nicht von isolierten Fällen ausgeht, sind die Parallelen in den Fällen, was Vorgehensweise und Methode angeht: Vergewaltigungen zum Teil auch in der Gruppe bei Hausdurchsuchungen, bei denen andere Familienmitglieder zusehen müssten; oder sexualisierte Gewalt bei Verhören und Folter. Also Elektroschocks an Genitalien, Vergewaltigungen mit Gegenständen, aber auch ganz einfach Vergewaltigungen. Und da ist noch eine Parallele: Die Opfer. Es gehe um Erniedrigung und Demütigung, so Khrystyna Kit. Die Russen würden zum Beispiel oft gezielt nach ehemaligen Angehörigen der ukrainischen Armee oder Familien aktiver Soldaten suchen. „Solche Leute haben für sie Priorität“, sagt sie.
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