"Tod & Flora" von Helmut Eisendle: Diabolische Botanik
Helmut Eisendles neu aufgelegtes teufliches Handbuch der Giftpflanzen "Tod und Flora" ist eine raffinierte Provokation.
Helmut Eisendles neu aufgelegtes teufliches Handbuch der Giftpflanzen "Tod und Flora" ist eine raffinierte Provokation.
Der Mensch und die Wunderwelt der Pflanzen – was für eine abenteuerliche Geschichte! Das Wissen um ihre Genießbarkeit und um ihre Wirkung auf Organismus und Psyche wurde in einem sehr, sehr langen Prozess von „Versuch und Irrtum“ erworben. Welches Grünzeug heilt oder schadet, hängt noch dazu oft von der Dosis ab. Das wussten schon die Alten und setzten Pflanzengifte recht emsig ein: in der schwarzen Magie, als Gottesurteil oder zur Ausschaltung unliebsamer Rivalen.
Hartnäckig hält sich das Stereotyp, wonach Giftmorde eine spezifisch weibliche Tötungsart seien. Es speist sich aus der traditionellen Rolle der Frau als Köchin und Krankenpflegerin, aus der Mythologie (Hekate, Kirke, Medea) wie auch aus dem Hexenwahn des Spätmittelalters. Über die Giftmischereien historischer Frauengestalten zeigt sich die Fachwelt nicht immer einig.
Hang zum Dialog und Disput
Unstrittig pflanzenkundig war der österreichische Autor Helmut Eisendle (1939–2003). Der gebürtige Grazer hatte neben Psychologie und Philosophie auch Biologie studiert; zudem arbeitete er eine Zeitlang als Vertreter eines Pharmakonzerns. In den 1970er Jahren wandte er sich der Schriftstellerei zu, mit einem Hang zum Dialog und Disput. Aus jener Zeit stammt sein Kompendium mit dem sprechenden Titel „Tod & Flora“, das erst 2011 im Verlag Jung und Jung erschienen ist. Es wurde nun in „behutsamer Überarbeitung“ neu aufgelegt. Das Nachwort der Autorin und Juristin Astrid Wintersberger hebt die „seelenreinigende Wirkung“ und „erfrischende Amoral“ des Werks hervor, reiht es in die Tradition des schwarzen österreichischen Humors und in den rechtsgeschichtlichen Kontext der Entstehungszeit ein.
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