Schoß des Anstoßes1 - Die gebärende Jungfrau von Esther Strauß Maria noch mit Kopf. - © Foto: Esther Strauß

Die geköpfte Maria ist mehr als nur Schändung eines Kunstwerks

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Was wäre gewesen, hätte man die umstrittene Linzer Skulptur einer gebärenden Maria nicht geköpft, sondern für echte Marienfrömmigkeit genutzt? Otto Friedrich sieht in dem Kunstwerk eine Chance für Auseinandersetzung.

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Was wäre gewesen, hätte man die umstrittene Linzer Skulptur einer gebärenden Maria nicht geköpft, sondern für echte Marienfrömmigkeit genutzt? Otto Friedrich sieht in dem Kunstwerk eine Chance für Auseinandersetzung.

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Das Kloster Pantokrator im Nordwesten der griechischen Insel Korfu wird seit 1978 von Nonnen bewohnt. Etwa 30 Frauen zählt der Konvent, Nachwuchsprobleme kennt diese orthodoxe Abtei nicht. Die Nonnen sind weithin für ihre Ikonenmalerei bekannt, sie haben auch in der im 19. Jahrhundert errichteten Klosterkirche zahlreiche Ikonen beigesteuert. An einer ganz in der klassischen orthodoxen Bildsprache gehaltenen Darstellung bleibt das Auge des Betrachters hängen: Die Szene gibt den Besuch Marias bei Elisabeth wieder, wie ihn das Lukasevangelium beschreibt. Auffällig – und auch für orthodoxe Ikonen ungewöhnlich – ist, dass die noch ungeborenen Kinder der beiden Schwangeren im Mutterleib dargestellt sind: Jesus und Johannes der Täufer als Embryonen also. Sogar in der so strengen Kunstform wie der Ikonenmalerei kann die Menschwerdung Gottes auf diese Weise dargestellt werden: Es ist selbstverständlich, dass Jesus wie jeder Mensch auf die Welt gekommen ist.

Marienfrömmigkeit ohne Behübschungen

In der katholischen Kirche greift derartige Offensichtlichkeit längst nicht bei allen Schäfchen. Im diesjährigen Sommertheater, das Traditionalisten rund um die gebärende Marienstatue, die in einem Nebenraum des Linzer Doms ausgestellt war, veranstaltet haben, war in einschlägigen Foren zu lesen, man dürfe die Geburt Jesu deswegen nicht realistisch darstellen, weil man dadurch die Jungfräulichkeit Mariens leugnen würde. So wie die Empfängnis Jesu sei auch seine Geburt ein Geheimnis.

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