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Max Weber: Wer ist zur Politik berufen?
Im Superwahljahr streben unzählige Menschen nach politischen Ämtern. Doch wer taugt eigentlich zum Politiker? Das untersuchte der Soziologe Max Weber.
Im Superwahljahr streben unzählige Menschen nach politischen Ämtern. Doch wer taugt eigentlich zum Politiker? Das untersuchte der Soziologe Max Weber.
Juni 2024. Wir leben in politisch aufgewühlten Zeiten: Krieg in Europa und Nahost, zunehmende Straßenproteste, Hassreden und gewalttätige Übergriffe gegen Politiker. Frust über die eigene Ohnmacht gegenüber globalen Entwicklungen, andererseits das Schimpfen über „die da oben“, die Politikerklasse. Begleitet wird das Ganze von einem stillen Sterben der alten Volksparteien und einer zunehmenden Zersplitterung der Parteienlandschaft. Und nun: Wahlen für Europa und den Nationalrat in Österreich.
Januar 1919. Max Weber hält in München eine Rede vor einem akademischen Publikum, vielleicht hundert Personen. Eingeladen hat der Freistudentische Bund. Die Erwartungen sind hoch, denn die politische Lage ist katastrophal: Deutschland hat den Krieg verloren, die Revolution das alte System gestürzt, Arbeiter- und Soldatenräte drängen an die Macht, die Versorgungslage ist prekär. In dieser Situation erwarten die jungen Zuhörer Antworten, Orientierung. Aber Max Weber ernüchtert sie gleich mit den Eingangssätzen: Er wird nicht über aktuelle Tagesfragen sprechen, sondern über die Bedeutung von „Politik als Beruf“. Der Wissenschaftler nimmt sich das Privileg heraus, mit kühlem Kopf und Abstand, Reflexionen anzustellen, die dem Alltag und seinen Problemen enthoben sind, letztlich aber zu ihnen zurückführen – allerdings unter einer übergeordneten Perspektive.
Mehr als ein Job
Sehr ausführlich befasst sich Weber zunächst mit den äußeren Bedingungen, unter denen politisches Handeln in der Moderne stattfindet. Es ist eine Herrschaftssoziologie en miniature. Dann kommt er zu der spannenden Frage, wer den Beruf zur Politik hat. Dabei meint Weber nicht, wer macht mal eben diesen Job, sondern wer hat die „Berufung“, ein Politiker zu sein. Mit dieser altmodischen Wortwahl schlägt er eine Brücke zu seinem berühmtesten Werk „Die protestantische Ethik und der ‚Geist‘ des Kapitalismus“. Dort steht der moderne, durch die puritanische Askese geprägte Berufsbegriff im Mittelpunkt.
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