Geben und nehmen
FOKUSZeit nehmen, um Zeit zu geben
Das Ehrenamt ist eines der Fundamente einer demokratischen Gesellschaft und Ausdruck für ein grundlegendes menschliches Bedürfnis. Wer etwas für andere gibt, verrichtet einen Dienst an der Gemeinschaft, aber auch an sich selbst.
Das Ehrenamt ist eines der Fundamente einer demokratischen Gesellschaft und Ausdruck für ein grundlegendes menschliches Bedürfnis. Wer etwas für andere gibt, verrichtet einen Dienst an der Gemeinschaft, aber auch an sich selbst.
Umgestürzte Bäume, hängengebliebene Fahrzeuge, gekappte Strommasten: Der heftige Schneefall am ersten Adventwochenende forderte österreichweit tausende freiwillige Einsatzkräfte. Sie waren dabei eine wichtige Stütze zur Aufrechterhaltung der Infrastruktur.
„Österreich ohne Freiwillige ist undenkbar“, liest man etwa auf der Startseite der Freiwilligenmesse Wien ; und „Freiwilligenarbeit ist das Sozialkapital unserer Gesellschaft“, heißt es auch in einigen der zahlreichen Aussendungen anlässlich des Internationalen Tags der Freiwilligenarbeit am vergangenen 5. Dezember. Daraus aber die Auffassung abzuleiten, dass die Gesellschaft ohne die 3,7 Millionen Freiwilligen im Land nicht funktioniert, ist ein Gedanke, der laut Sibylle Auer zu kurz greift. Die Politikwissenschafterin leitet den Bereich freiwilliges Engagement der Caritas Innsbruck sowie das Freiwilligenzentrum Tirol Mitte und ist Vertreterin der Interessensgemeinschaft für Freiwilligenarbeit (IFGÖ). Sie meint: „Eigentlich besteht Gesellschaft per se daraus, dass Menschen kooperieren.“
DIE FURCHE erreicht sie frühmorgens am Rande der Freiwilligenkonferenz zum Thema „Alle(s) inklusive“ im Wiener Museumsquartier für ein Videotelefonat. Wenn es darum geht, über ehrenamtliches Engagement zu sprechen, sprüht die Politikwissenschafterin vor Energie. „Das Kostbarste, was man in unserer aktuellen Zeit schenken kann, ist das Zeitgeschenk“, meint sie und verweist auf die Wissenschaft.
Als Beziehungswesen sind Menschen von Geburt an darauf angewiesen, dass andere für sie sorgen. Auer spricht von einem Grundbedürfnis, das Körper, Psyche und Seele am Leben hält – das aber dennoch Anstrengung erfordert: „Es braucht immer die bewusste Entscheidung dazu – und dann auch das Durchhaltevermögen; denn Freiwilligenarbeit ist ja auch kein Ponyhof.“
Zeit für die Demokratiebildung
Ob Rettungsdienst, Caritas-Buddy, Pflegekoordination, Frauenschutz, Buchklub, Theatergruppe, Modelleisenbahnverein oder Kirchenchor: Ehrenamt hat viele Gesichter und deckt viele gesellschaftliche Bereiche ab. Das geht auch aus dem alle fünf Jahre erscheinenden „Bericht zum freiwilligen Engagement in Österreich“ hervor, der zuletzt 2020 veröffentlicht wurde. Demnach engagieren sich je fünf bis acht Prozent der Bevölkerung in den Bereichen Sport und Bewegung, Katastrophen- und Rettungsdienste, kulturelles Zusammenleben sowie Sozial- und Gesundheitsdienste. Annähernd ebenso viele engagieren sich bei Umweltthemen und im kirchlich-religiösen Umfeld.
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