Wie von der „Gabe“ nur die „Mitgift“ blieb
Sprachwandel: Gabe und Gift drückten einst dasselbe aus. Wieso es heute anders ist.
Sprachwandel: Gabe und Gift drückten einst dasselbe aus. Wieso es heute anders ist.
„Die Gabe“: So heißt das klassische Werk des französischen Ethnologen Marcel Mauss, in dem er den Austausch in archaischen Gesellschaften untersucht. Mauss bringt die Gabe mit dem zweideutigen englischen Begriff gift zusammen, um die Prinzipien von Arbeit, Dienstleistung, Sozialstaat und Wohlfahrt zu analysieren. Tatsächlich bezeichnete Gift in der ältesten Bedeutung auch im Deutschen die Handlung des Gebens. Daraus entwickelte sich der Begriff für etwas, das dargereicht oder verabreicht wird.
Verwendete etwa Goethe die Gift noch als Ausdruck einer Schenkung, verschwand diese Bedeutung später im 19. Jahrhundert aus dem deutschen Sprachraum, während sie im Englischen erhalten blieb. An diesen ursprünglichen Wortsinn erinnert heute nur noch die Mitgift, die Aussteuer in Form von Geld und Gut, die einer Frau von den Eltern in die Ehe mitgegeben wird. Aber auch dieser Begriff erinnert heute bereits an eine verschwindende Welt. Was also bleibt? In der deutschen Sprache behält Gift seine auf das Griechische zurückgehende Bedeutung von Schadstoff.