Radler Brenner  - © Foto:  APA / Bernhard Grossruck

Brenner Autobahn: Ein Nadelöhr grüner Nachhaltigkeit

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Auf der Brenner Autobahn wurde für Anrainer- und Umweltschutz in ganz Europa erfolgreich gestritten. Ist diese Transitstrecke auch ein gelungenes Beispiel grüner Verkehrspolitik?

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Auf der Brenner Autobahn wurde für Anrainer- und Umweltschutz in ganz Europa erfolgreich gestritten. Ist diese Transitstrecke auch ein gelungenes Beispiel grüner Verkehrspolitik?

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Im Wahlkampf verfärben sich die Blauen grün: Oben auf der Brenner Autobahn braust der Verkehr , unter der A13 in Gries am Brenner steht FPÖ-Spitzenkandidat Herbert Kickl, schaut zur Luegbrücke hinauf, nennt sie „Monsterbrücke“ und verspricht, er würde nach dem Einzug ins Bundeskanzleramt auch hier „die Stopptaste drücken und etwas machen, was auf der Höhe der Zeit ist“.

Ebenso am Freitag vergangener Woche, im Wipptal einige Autobahnkilometer nördlich, wird im Bildungshaus in Matrei am Brenner bei der Sommerakademie der Studienstiftung „Pro Scientia“ über das Verhältnis von Mensch und Natur diskutiert. Auch hier geht es um die Möglichkeit einer Stopptaste, um der „Zivilisationskrise“ und der dafür verantwortlichen „Logik der Ausbeutung“ zu entkommen. Wie schwierig – beziehungsweise ohne Systembruch unmöglich – ein solches Stopp im „Kapitalozän“ sei, wurde am Beispiel der Nachhaltigkeit von Elektromobilität diskutiert. Auch E-Autos entkämen der Ausbeutungslogik nicht, denn Erzeugung und Betrieb würden nur andere Ressourcen verbrauchen; für einen tatsächlich nachhaltigen Effekt bräuchte es weniger und nicht andere Autos.

Glänzende Fahrzeugkolonne

Diese brausten währenddessen auf der anderen Talseite in Richtung Norden oder Süden. Schauten die Podiumsteilnehmer über die Köpfe des „Pro Scientia“-Publikums durch die Fensterfront des Bildungshauses St. Michael, glänzte ihnen im Sonnenlicht die Fahrzeugkolonne auf einer der zentralen Transitrouten für den Güter- und Urlauberverkehr Europas entgegen. Hermann Weratschnig kennt diese Autobahn auch als Radweg und Veranstaltungsbühne. Der Verkehrssprecher der Grünen im Nationalrat war Anfang der 1990er Jahre Gründungsmitglied des Transitforums Austria-Tirol, später dessen Obmann-Stellvertreter – und hier maßgeblich an den Autobahnblockaden (er sagt „Bürgerversammlungen“) zur Durchsetzung des Transitvertrags mit der EU beteiligt.

Kernforderung des Vertrags war, die Schadstoffbelastung durch LKW auf österreichischen Transitstrecken um 60 Prozent zu verringern. „Ohne die treibende Kraft der Zivilgesellschaft hätte die Politik dieses Nachhaltigkeitsziel nicht erreicht“, ist Weratschnig überzeugt. „Die europäische Front im Kampf für sauberere Fahrzeugflotten ist am Brenner verlaufen“, sagt er, „der Kampf um die Einführung der Euroklassen für LKWs je nach Schadstoffausstoß wurde in Tirol gekämpft“. Mit Erfolg, was die Luftgüte betrifft; doch der Verkehr wurde nicht eingedämmt, im Gegenteil: Bei der Unterzeichnung des Vertrags 1992 gab es 850.000 LKW-Transitfahrten über den Brenner, rechnet Weratschnig vor; voriges Jahr passierten 2,5 Millionen Lastkraftwagen und über 11,5 Millionen PKWs die Mautstelle.

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