Lewinsky - © Foto: imago / UPI Photo

Monica Lewinsky wird 50: Die Befreiung von der Scham

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Monica Lewinsky feiert am 23. Juli ihren 50. Geburtstag. Ihre Affäre mit Ex-Präsident Bill Clinton Ende der 90er-Jahre markierte das Ende einer Epoche des politischen Amerika. Über eine Frau, die kein Opfer sein will.

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Monica Lewinsky feiert am 23. Juli ihren 50. Geburtstag. Ihre Affäre mit Ex-Präsident Bill Clinton Ende der 90er-Jahre markierte das Ende einer Epoche des politischen Amerika. Über eine Frau, die kein Opfer sein will.

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S chwarze Stirnfransen, grünblaue Augen, breites Lächeln: Es ist ein einfaches Passfoto, das um die Welt ging. Längst ist Monica Lewinsky in die Pop-Geschichte eingegangen. Ihre sexuelle Affäre mit dem damaligen US-Präsidenten Bill Clinton hätte den Staatsmann fast das Amt gekostet. Doch seine Frau Hillary und seine Familie standen hinter ihm. Clinton entging mit Mühe der Amtsenthebung, sein Ruf litt beträchtlich. Am 23. Juli feiert Monica Lewinsky ihren 50. Geburtstag und spricht heute reflektiert über das Geschehene. Für die moralisch glattgebügelten Vereinigten Staaten ist und bleibt sie das Gesicht der Untreue, das Gesicht der anderen Frau. Aber wie ist das heute, in Zeiten von #metoo?

In der dritten Staffel der berühmten TVSerie „American Crime Story“ (2021, FX Network) wird Lewinskys Geschichte erzählt. Die US-Schauspielerin Beanie Feldstein hofft, dass die Menschen Lewinsky mit Hilfe der Miniserie in einem neuen Licht sehen. „Sie kennen die Person nicht, sie kennen den Menschen nicht, der mit nur 21 bis 24 Jahren eine sehr traumatische, überfordernde Erfahrung durchleben musste“, sagte Feldstein 2021 dem Branchenportal people.com. Aber alles von Anfang.

Das Geständnis

Monica Lewinsky wurde 1995, während Clintons erster Amtszeit, als Praktikantin im Weißen Haus angestellt. Sie war damals 22 Jahre alt. In dieser Zeit hatte sie eine Beziehung zu Clinton. Danach arbeitete Lewinsky im Verteidigungsministerium. Dort erzählte sie ihrer Kollegin Linda Tripp, was im Weißen Haus passiert war. Tripp zeichnete diese Gespräche heimlich auf und leitete sie an Kenneth Starr weiter, der im Auftrag des Kongresses als Independent Counsel in der Whitewater- und anderen politischen Affären bereits gegen Clinton ermittelte. Die Lewinsky-Affäre erreichte am 17. Jänner 1998 ihren Höhepunkt. Nach ersten Dementis von Seiten des Präsidenten erschien Clinton am 26. Jänner in einer Pressekonferenz, in der er folgende vielzitierte Erklärung abgab:

„Ich möchte dem amerikanischen Volk eines sagen. Ich möchte, dass Sie mir zuhören. Ich werde es erneut sagen. Ich hatte kein sexuelles Verhältnis mit dieser Frau, Miss Lewinsky. Ich habe nie jemandem aufgetragen, für mich zu lügen, nicht ein einziges Mal; niemals. Diese Vorwürfe sind unwahr. Und ich muss nun zurück, um für das amerikanische Volk zu arbeiten. Vielen Dank.“

Als Lewinsky Ende Juli 1998 Immunität versprochen wurde, wenn sie vor einer Grand Jury über ihr Verhältnis mit Clinton aussagt, erreichte die Affäre eine neue Phase. Lewinsky übergab den Ermittlern ein mit dem Ejakulat des Präsidenten beflecktes Kleid. Über das im Fleck auf dem Kleid enthaltene genetische Material hätte Präsident Clintons DNA identifiziert und damit der Wahrheitsgehalt der Anschuldigungen bewiesen werden können. Und so lenkte Clinton ein. Am 17. August gab der US-Präsident vor der Grand Jury zu, dass er eine „unangemessene Beziehung“ zu Lewinsky gehabt hatte. Am selben Abend erklärte er die Umstände in einer Fernsehübertragung, deren Bilder um die Welt gingen.

Das Geständnis Clintons läutete eine neue Ära in den USA ein. Das Bild der heiligen Familie war nun endgültig zerstört. Doch es war nicht der erste Sex-Skandal im Weißen Haus. Es gab bereits einen Abgeordneten, der einen Callboy bei sich einquartierte, einen anderen, der sich in eine 17-Jährige verliebte. Skandalös waren alle diese Fälle, doch die Konsequenzen fielen unterschiedlich aus: Republikaner mussten meist mit dem Rücktritt bezahlen, Demokraten kamen oft heil davon. Je konservativer ein Politiker ist, desto tiefer ist sein Fall bei sexuellem Fehlverhalten. Zwei Fälle aus dem Jahr 1983 belegen dies: Der republikanische Abgeordnete Dan Crane ging ein Verhältnis mit einer 17-jährigen Pagin, einer Kongressgehilfin, ein, während der demokratische Abgeordnete Gerry Studds ein Verhältnis mit einem 17-jährigen Pagen hatte. Crane entschuldigte sich unter Tränen für sein Fehlverhalten, doch seine Wählerschaft verweigerte ihm in konservativer Strenge die Vergebung. Er wurde abgewählt. Studds hingegen lehnte eine Entschuldigung mit dem Hinweis ab, die Beziehung basiere auf beiderseitigem Einverständnis. Er wurde mehrfach wiedergewählt.

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