Mehr Zuverdienst für arbeitende Pensionisten

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Die Österreicher sollten länger, bis zum gesetzlichen Pensionsalter arbeiten. Und Pensionisten sollen mehr Geld verdienen dürfen. Wie das gehen soll, beraten Sozialpartner nächste Woche.

Die Zahlen sprechen für sich, der Fahrplan für den Weg aus der Misere ist angelegt: Am Dienstag nächster Woche lädt Sozialminister Rudolf Hundstorfer den Seniorenrat und die Sozialpartner zu einem Arbeitsgespräch in sein Haus am Wiener Stubenring. Thema: Anreizsysteme - Maßnahmen zur Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters.

Die Gründe dafür liegen auf der Hand, stehen in Zahlen gegossen - nicht zuletzt - im aktuellen Sozialbericht 2010: Das durchschnittliche Pensionsantrittsalter bei den Direktpensionen betrug im Jahr 2009 bei den Männer 59,1 Jahre, bei den Frauen 57,1 Jahre. Das sind unverständliche Zahlen vor dem Hintergrund einer unverständlichen Entwicklung: Das durchschnittliche Pensionszugangsalter bei den Direktpensionen ist seit 1970 um 3,1 Jahre gesunken! Weil es angesichts verbesserter gesundheitlicher und arbeitsmedizinischer Bedingungen nur wenige Erklärungen dafür gibt - entweder Flucht, Mobbing oder strategische Verdrängung von Personen aus der Arbeit in die Sozialkassen - soll jetzt politisch dagegengehalten werden. Denn, so Andreas Khol, Bundesobmann des Seniorenbundes der ÖVP in einem Thesenpapier zu den Pensionen: "Spätestens Mitte März wird die Kommission zur langfristigen Pensionssicherung die neu berechneten Ergebnisse präsentieren. Dann wird der Handlungsbedarf deutlich werden.“

Bei dem Gespräch nächste Woche im Sozialministerium geht es auch um den Senioren-Pool. Das ist einer von drei Punkten des von Gertrude Aubauer, Stellvertreterin Khols, vorgelegten Aktionsplanes, um Senioren zu aktivieren. Dieser Pool soll als Plattform im öffentlichen Dienst eingerichtet werden. Lehrerinnen und Lehrer, an denen plötzlich unerwarteter Bedarf besteht, mögen sich dort mit ihrem Fach und angebotener Stundenzahl melden. Unterrichtsministerin Claudia Schmied begrüßte die Rückkehr von Senioren in die Klassenzimmer, Hundstorfer ist aufgeschlossen. Ebenso gesprächsbereit ist er über den zweiten Punkt, die Zuverdienstgrenze für ASVG-Pensionisten anzuheben. Hier liegt, darin sind sich Khol und sein Pendant seitens der SPÖ, Karl Blecha, einig, eine "Ungerechtigkeit“ vor.

Arbeitsgruppe berät bis Sommer

Derzeit unterliegen Frühpensionisten im ASVG, anders als jene im Beamtensystem, strikteren Ruhensbestimmungen. Sie können nur bis zur Geringfügigkeitsgrenze von 374 Euro monatlich dazuverdienen. Erst nach Erreichen des Regelpensionsalters von 65 Jahren bei Männern dürfen auch ASVG-Pensionisten unbeschränkt dazuverdienen. Bei Beamten hat der Verfassungsgerichtshof die Ruhensbestimmungen für Frühpensionisten aufgehoben. Von der Beschränkung durch ASVG sind derzeit 115.000 Personen betroffen. Eine Arbeitsgruppe soll, so Hundstorfer, die Thematik erörtern und noch vor dem Sommer Änderungen vorschlagen.

Weiterer Reformbedarf besteht in der Altersteilzeit, die sich zu einer faktischen Frühpension entwickelt hat, weil sie geblockt wird. Der ursprüngliche doppelte Sinn eines langsamen Gleitens in die Pension bei gleichzeitig moderater Entlastung der Unternehmen von Personalkosten und ebenso moderater Belastung der Pensionskassen wird verfehlt. Die von Hundstorfer eingesetzte Arbeitsgruppe soll den Vorschlag beraten, wonach ältere Arbeitnehmer zum Beispiel 50 Prozent der Pension ausbezahlt bekommen, gleichzeitig aber in einem Teilzeitjob weiterarbeiten. Die Pensionsversicherung würde sich so die Auszahlung eines Teiles der Pension ersparen, zugleich weiterhin Beiträge zur Sozialversicherung aus der Berufstätigkeit des Teilpensionisten erhalten. Dem Vorschlag einer höheren Pension für länger arbeitende Senioren erteilt Hundstorfer hingegen eine Absage.

Einen Beitrag zur Überwindung des gelegentlich behaupteten Generationenkonfliktes leisten der Seniorenbund und die Junge Industrie. Wie Khol und Therese Mitterbauer, Bundesvorsitzende der Jungen Industrie, erläuterten, bestehe der Konflikt im Pensionswesen nicht zwischen Jung und Alt, sondern zwischen jenen, die Reformen vorantreiben und jenen, die diese behindern.

Gemeinsam werde man daher an die Bundesregierung und an die Sozialpolitik die Forderungen herantragen, Maßnahmen zu ergreifen, um Menschen länger in Arbeit zu halten.

Damit sind neuerlich Modelle der Altersteilzeit und der Gleitpensionen angesprochen, aber auch die Unternehmen und die Arbeitsmarktpolitik. Im vorigen Jahr gingen, wie Abauer vorrechnet, ein Drittel der Frühpensionisten direkt aus der Arbeitslosigkeit in die Pension: "Arbeitslos zu bleiben ist diesen Menschen per Gesetz verboten - sie müssen eine Pension antreten und zum Teil Pensionsabschläge in Kauf nehmen, ob sie wollen oder nicht.“

Wie Sozialminister Hundstorfer verlangen auch die Pensionsreformer in der ÖVP, bei dem hohen Anteil an Früh- vor allem der Invaliditätspensionen politisch anzusetzen. Unverständlich genug beträgt nämlich der Anteil der Invaliditätspensionen in Österreich 30 Prozent, im Durchschnitt der OECD-Länder hingegen nur 13 Prozent.

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