Franziskus - © Foto: Andrew Medichini / AP / picturedesk.com

"Der Bischof von Rom": Und die Kirche bewegt sich doch – ein bisschen

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Fast 30 Jahre dauerte es, bis die Aufforderung Johannes Pauls II. in der Enzyklika "Ut unum sint", das Papstamt weiterzudenken, an der Kirchenspitze aufgegriffen wurde. Nun ist es im Dokument "Der Bischof von Rom" so weit.

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Fast 30 Jahre dauerte es, bis die Aufforderung Johannes Pauls II. in der Enzyklika "Ut unum sint", das Papstamt weiterzudenken, an der Kirchenspitze aufgegriffen wurde. Nun ist es im Dokument "Der Bischof von Rom" so weit.

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Kardinal König hat Ut unum sint („damit sie eins seien") für ein bedeutendes, wenn nicht das bedeutendste Schreiben Papst Johannes Pauls II. gehalten. 1995 hatte der damalige Pontifex in seiner Ökumene-Enzyklika den Dialog mit den anderen Kirchen zu seiner Priorität erklärt. Bei einem dogmatisch als Hardliner wahrgenommenen Papst findet sich in Ut unum sint Erstaunliches. Kardinal König fasste das, was Johannes Paul II. meinte, gegenüber der FURCHE so zusammen: „Ich weiß, dass die päpstliche Führung der katholischen Kirche für die anderen Kirchen ein Stein des Anstoßes ist, die Ökumene bleibt hier hängen. Und wie machen wir das? Da lädt der Papst ein: Reden wir darüber!“

Der damals 95-jährige Kardinal äußerte dies vor beinahe einem Vierteljahrhundert. Seither ist nicht nichts geschehen. Aber ein Weiterdenken der in Ut unum sint aufgeworfenen Fragen war katholischerseits seither unter ferner liefen zu finden. Überhaupt konnte man den Eindruck gewinnen, Ökumene sei so etwas wie kirchliche Routine geworden, in der sich die Kirchen und Konfessionen nicht mehr wechselseitig in die Hölle wünschten, sondern zivilisiert einmal mehr, einmal weniger gemeinsam agierten. Das Ziel einer Einheit der Christenheit schien nicht mehr im Blick.

Wer Einheit will, muss Papstamt reformieren

Am vergangenen Donnerstag haben der vatikanische „Ökumene-Minister“, Kardinal Kurt Koch, und Kardinal Mario Grech, Generalsekretär der Bischofssynode, ein Studiendokument unter dem Titel „Der Bischof von Rom“ vorgelegt. In diesem 146-seitigen Papier sind die bilateralen Konsultationen zwischen der katholischen Kirche und anderen Kirchen über Ut unum sint zusammengefasst und Schlussfolgerungen für eine Reform des Papstamts angedacht. Es ist zwar viel Wasser den Tiber hinuntergeflossen, bis die Rom auf den Zug aufsprang, den Johannes Paul II. schon vor drei Jahrzehnten in Bewegung gesetzt hatte.

Aber die Kirche bewegt sich doch ein bisschen! Denn das Studiendokument geht über Bisheriges hinaus. Dass Einheit der Christen nicht durch Rückkehr der anderen Konfessionen in den Schoß der „wahren“ Kirche zu bewerkstelligen ist, ist auch katholischerseits klar. Dass dafür aber eine Reform des Papstamtes unabdingbar ist, war an der Kirchenspitze kaum Thema. Dieses heiße Eisen nimmt sich das neue, vom Papst genehmigte Studiendokument vor, das einmal die Stolpersteine im Dialog auflistet. Dabei kommt es – wenig überraschend – zum Schluss, dass vor allem die Festlegungen des I. Vatikanums (Jurisdiktionsprimat des Papstes und Unfehlbarkeit in Glaubens- und Sittenfragen) kaum überbrückbare Hürden für die Einheit sind.

Dem Dokument ist zugute zu halten, dass es die Vorbehalte der reformierten wie der Ostkirchen auf Augenhöhe referiert. Es wird insbesondere nicht der Versuch gemacht, die Argumente der anderen abzuwerten oder kleinzureden. Das ist ein Fortschritt.

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