Paul R. Tarmann - © Tarmann

Sportethiker Paul Tarmann: „Der Videoschiedsrichter widerspricht dem Sportgeist“

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Hunderte Millionen schalten bei Olympia den Fernseher ein. Warum fasziniert uns Sport so? Und welche philosophischen Perspektiven gibt es auf ihn? Sportethiker Paul Tarmann über Fairness und Spielfluss.

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Hunderte Millionen schalten bei Olympia den Fernseher ein. Warum fasziniert uns Sport so? Und welche philosophischen Perspektiven gibt es auf ihn? Sportethiker Paul Tarmann über Fairness und Spielfluss.

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Bloß aus Liebhaberei sollen wir Sport treiben. Das fordert der Philosoph und Sportethiker Paul R. Tarmann. Im Gespräch erklärt er, warum Gladiatorenkämpfe kein Sport sind, warum wir ihn nicht weiter digitalisieren sollten und was am „Sieg um jeden Preis“ problematisch ist.

DIE FURCHE: Was untersucht die Sportethik?

Paul R. Tarmann: Sie verbindet Disziplinen wie Sport-, Politik- und Wirtschaftswissenschaft bis hin zur Juristerei. Der Untersuchungsgegenstand sind einerseits die Sportler, Teams, Trainer und Betreuer, andererseits auch die Vereine, die Medien und die Fankultur. Wir können sportethische Überlegungen auf zwei Ebenen ansiedeln: individualethisch, wenn wir etwa die einzelne Sportlerin ins Zentrum rücken, oder sozialethisch, wenn wir uns Systeme als Ganze ansehen. Ganz grundlegend beginnt die Sportethik mit der Frage: Was ist überhaupt Sport?

DIE FURCHE: Und was ist er?

Tarmann: Sport ist auf der einen Seite Spiel und auf der anderen Seite Kampf. Den Spielcharakter erhält er durch die klaren Regeln. Wir können uns ja auch kein Brettspiel vorstellen, das keine Regeln hat. Außerdem gehört es zum Wesen des Sports, dass er prinzipiell folgenlos für Leib und Leben sein soll. Ein Gladiatorenkampf ist kein Sport mehr. Natürlich kann aber auch bei unserem Sport etwas passieren, das ist aber eben nicht Ziel des Sports. Dazu kommt beim Sport noch eine gewisse Forderung nach Chancengerechtigkeit und Fairness.

DIE FURCHE: Immer wieder ist, etwa im Fußball, von der „Spielphilosophie“ eines Trainers die Rede. Was ist das?

Tarmann: Das ist meist eher enttäuschend. Wenn wir uns die Homepage eines beliebigen Unternehmens ansehen, finden wir dort auch oft eine „Firmenphilosophie“. Das ist aber meist nicht mehr als eine bloße Strategie, um konkrete Ziele zu erreichen. Bei Fußballvereinen ist es ähnlich. Philosophisch würde man eher fragen: Wie soll Sport aussehen, wie nicht?

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