Reinhold Messner: Ein 8000er-Sisyphus wird 80
Der „Bergpapst“, der sein Kletterleben lang ein „Berg-Anarch“ war, feiert Geburtstag. Reinhold Messner revolutionierte das Höhenbergsteigen – und polarisierte. Ein Porträt.
Der „Bergpapst“, der sein Kletterleben lang ein „Berg-Anarch“ war, feiert Geburtstag. Reinhold Messner revolutionierte das Höhenbergsteigen – und polarisierte. Ein Porträt.
Entweder vergöttert oder verteufelt – „doch vermenscht“ haben Medien, Öffentlichkeit und Bergsteigerzunft Reinhold Messner nie. Das wird ihn, das kann ihn an seinem 80. Geburtstag am 17. September als großen Erfolg, wahrscheinlich sogar als größter und für ihn wichtigster Erfolg seines Lebens, freuen. Denn Messner wollte im Laufe seiner Alpinbiographie bereits sehr früh nicht nur die Gipfel erreichen; sein eigentliches Ziel war, über die Berge aus dem Menschen, aus seinen körperlichen und geistigen Beschränkungen aus- und hinauszusteigen.
Man kann es ihm als ehrliches Selbstverständnis abkaufen, wenn er das Bergsteigen „mehr von seelischen Kräften als von körperlicher Fitness getragen“ und „mehr spirituell als sportlich“ beschreibt. Oder man kann das als spirituelle Behübschung und weitere Vermarktungsgirlande dieses „ungeheuer cleveren Körper-Selbstverwerters“, wie es 1980 in der deutschen Illustrierten Quick zu lesen war. Doch bereits 1965, Messner war damals erst 21 Jahre alt, schrieb er in der deutschen Bergsteigerzeitschrift Alpinismus: „Wenn ich eine Maschine zwischen mich und den Berg schalte, kann ich keine wesentlichen Erfahrungen machen.“ Messner kritisierte schon damals den Einsatz von Sauerstoffgeräten beim Höhenbergsteigen; genauso wie er beim Felsklettern sehr früh gegen den Zeitgeist des „Hinaufnagelns“ mit technischen Hilfsmittel polemisierte und für die Ideale des Freikletterns von Vorbildern wie dem Kletterpuristen Paul Preuß warb.
Der Abenteurer als "Übermensch"
Was den Bergsteiger Reinhold Messner von allen anderen Bergsteigern seiner Generation unterscheidet und von ihnen abhebt, ist seine alpine Kreativität, sein Ideenreichtum in Fels und Eis, seine Fähigkeit, neue Wege zuerst zu denken und diese dann zu gehen. So hat er den bis dahin als unmöglich erachteten 7. Schwierigkeitsgrad in den Kletterwänden der Alpen „erfunden“; ebenso hat er das Himalaya-Bergsteigen mit Klein(st)- und Solo-Expeditionen und ohne die Zuhilfenahme von künstlichem Sauerstoff revolutioniert. Der italienische Ausnahmebergsteiger Walter Bonatti widmete dem jungen Messner 1971 sein alpines Vermächtnis „Die großen Tage“ („I giorni grandi“) mit folgenden Zeilen: „Für Reinhold Messner, der jungen, letzten Hoffnung des großen, klassischen Bergsteigens.“
Das mag übertrieben klingen, denn natürlich lassen sich auch neben Messner andere Namen großer und klassischer Bergsteigerinnen und Bergsteiger aufzählen. Doch der junge Wilde aus St. Peter im Dolomitental Villnöß hat die Richtung des extremen Alpinismus mehr als jeder andere vor und nach ihm geprägt – oder wie ihm der Spiegel einmal zuschrieb: „Reinhold Messner hat die Entwicklung der Technik gestoppt, auf dass der Mensch sich weiterentwickeln kann.“
So wie ihn die einen (Boulevard-)Medien aufs Podest hoben, so schrieben ihn andere hinunter, siehe das oben genannte Zitat aus der Illustrierten Quick. Doch sowohl Messners Freund- wie Feindmedien waren froh, dass dieser „Berg-Anarch“ auf die Alpinbühne trat, die damalige Bergsteigerszene in Kniebundhosen und mit Trenker-Hut in Wallung brachte und vor allem die Zeitschriftenauflagen und Einschaltquoten steigerte.
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