Argentinierin Alicia Kozameh: Von der politischen Gefangenen zur Schriftstellerin
Die argentinische Schriftstellerin Alicia Kozameh hörte nie auf, zu schreiben. Auch nicht als politische Gefangene unter der Militärdiktatur. Unbeirrbar äußert sie sich bis heute zu Ungerechtigkeiten und politischen Missständen.
Die argentinische Schriftstellerin Alicia Kozameh hörte nie auf, zu schreiben. Auch nicht als politische Gefangene unter der Militärdiktatur. Unbeirrbar äußert sie sich bis heute zu Ungerechtigkeiten und politischen Missständen.
Alicia Kozameh lugt neugierig über den Brillenrand hervor. Die Autorin sitzt im Lesesaal des Österreichischen P.E.N-Clubs und wird aus ihren Büchern lesen sowie von ihrem bewegten Leben erzählen. Sie versucht, eine rote Locke hinters Ohr zu streichen, die nach vorne gesprungen war. „An manchen Tagen sind meine Haare so widerspenstig wie ich“, sagt sie mit einem Lächeln. Widerspenstig könnte man ihren Lebensweg durchaus bezeichnen. Es ist das Leben einer Frau, die nie aufhörte, politisch zu sein, und dafür auch ins Gefängnis musste.
Kozameh wurde 1953 in Rosario geboren, der drittgrößten Stadt Argentiniens. Die Tochter eines libanesischen Christen und einer syrischen Jüdin beginnt mit vier Jahren die ersten Wörter auf Papier zu kritzeln. Seither begleitet sie das Schreiben als ihre Art, sich auszudrücken: „Wenn ich nicht schreibe, habe ich das Gefühl, ich bleibe stumm.“
Politisches Erwachen
Die Argentinierin stört sich früh an den Ungerechtigkeiten, die sie umgeben: Dass ihre Eltern ihr ein Eis kaufen können, während andere Kinder auf der Straße um Geld betteln. Dass Studierende für freie Bildung protestieren müssen. Den finalen Anstoß zum politischen Aktivismus gab ihr der Tod ihres Onkels. Der Arzt wurde 1974 von der „Triple A“ (Alianza Anticomunista Argentina), einer regierungsnahen paramilitärischen und rechtsextremistischen Gruppierung, erschossen. Kozameh schließt sich daraufhin dem „Partido Revolucionario de los Trabajadores“ an, einer linken Oppositionspartei. Es sind unruhige Zeiten im Argentinien der 1970er-Jahre: Die Wirtschaftslage ist schlecht, linke Guerillatruppen und rechte Paramilitärs liefern sich Auseinandersetzungen, ein Großteil der Bevölkerung lebt in Angst und Terror. 1976 putscht das Militär und errichtet unter General Jorge Rafael Videla eine der brutalsten Diktaturen Lateinamerikas.
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