Joseph Conrad - © Collage: Canva / Manuela Tomic (gemeinfrei)

100. Todestag von Joseph Conrad: „Ich sah sie im Fahrtwind wehen“

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Vor hundert Jahren starb der polnisch-britische Schriftsteller Joseph Conrad. Als Seemann eignete er sich mit 19 Jahren erst die englische Sprache, seine Literatursprache, an. Stationen eines ungewöhnlichen Lebens.

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Vor hundert Jahren starb der polnisch-britische Schriftsteller Joseph Conrad. Als Seemann eignete er sich mit 19 Jahren erst die englische Sprache, seine Literatursprache, an. Stationen eines ungewöhnlichen Lebens.

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Im Sommer 1867 nimmt sein Onkel Tadeusz den kleinen Jósef mit nach Odessa. Dort sieht der Bub zum allerersten Mal das Meer. Er sieht, wie internationale Handelsschiffe anlegen, wie der Leuchtturm flackert, wie Pferdekutschen samt Transportgut die Wege säumen. Josef ist sich sicher: Er will Seemann werden. Wenige Jahre später wird er von Küste zu Küste schaukeln, mit 19 Jahren Englisch lernen und schließlich Weltliteratur schreiben. Aus dem Polen Józef Teodor Nałęcz Konrad Korzeniowski wird der britische Schriftsteller Joseph Conrad.

„Ich habe angefangen auf Englisch zu denken, lange bevor ich die bloß gesprochene Sprache gemeistert hatte – vom Stil will ich nicht reden (den habe ich noch immer nicht gemeistert).“ Das schrieb Conrad 1918 in einem Brief an den Romancier Hugh Walpole. Der Autor erzählt, er müsse sich der englischen Sprache nicht fügen, sondern werde von ihrem Genius adoptiert. Vielleicht ist es gerade dieses „Meistern“, das Conrad förmlich dazu zwang, ein Buch nach dem anderen zu schreiben. Wer in einer Sprache nie ankommt, kann sie immer wieder bereisen, sie neu entdecken.

„Du bist ohne Land“

Als Kind liest der gebürtige Pole heimische Literatur. Sein Vater übersetzt viele Klassiker ins Polnische. Mit 16 Jahren geht Conrad nach Marseille, um Seemann zu werden. 1878 kommt er nach Großbritannien, zehn Jahre später erhält er die britische Staatsbürgerschaft und wird Kapitän der „Otago“. Seine Jahre auf hoher See lassen ihn immer wieder auf den Grund des Menschseins laufen. Dem Meer entlockt Conrad jene Freiheit, die sein patriotischer Vater für das von Russen besetzte Polen erträumte. Im Vakuum, der endlosen Weite, die ihm vor Augen erscheint, knüpft Conrad seine Tragödien.

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