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Sind wir Pfahlbautenbüreer geworden?

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Daß der Mensch des Menschen schlimmster Feind ist, erweist sich m den letzten Jahren an der friedlichen Landschaft unserer Seen und Gewässer, ln Gmunden alarmierte am 29. September die Seenschutztagung des Wasserwirtschaftsverbandes und des Naturschutzbundes neuerlich das Gewissen der Öffentlichkeit. Die Gesetze, so zeigte sich, vermögen dem Raubbau am Wasser und seiner Güte nicht Einhalt zu gebieten. Eine neue moralische Einstellung zur Natur, wie sie als Sprecher der Fischerei Dr. Wilhelm Pinsele forderte, kann allein das Schlimmste abwenden. Zahlen, welche Prof. Dr. Wendelberger nannte, lassen den ganzen Umfang der Verwüstung erkennen. Der Bodensee wurde seit seiner Entstehung (etwa 15.000 vor Christi) bis zum Jahre 1950 — also in 17 Jahrtausenden — nicht so verschmutzt wie in dem Jahrzehnt von 1950 bis 1960. Gegenwärtig befahren bereits 4000 Motorboote die österreichischen Seen und richten mit Benzin-, Öl- und Abgasausstößen Schäden an, die im Laufe von Jahrhunderten nicht zu beheben sind. Wellenschlag und Spiegelschwankungen, die bei schönem Wetter für das Leben von Seen unerwartet kommen, zerstören die Uferfauna und damit den natürlichen Uferschutz. In den Schilfgürtel des Neusiedler Sees wurden in den letzten Jahren 400 Pfahlhäuser ohne behördliche Genehmigung gebaut. Ihre Beseitigung zählt zu den härtesten Kämpfen, dje;der.. Naturschutz, auszu- fechten nidjen wird, Gleichzeitig aber liegen in Öberösterreich k 80Q, .AuSr. nahmeansuchen für die Verbauung der Seeuferzonen vor. Ministerialrat Langer-Hansel berichtete von hohen Subventionen des Handelministeriums zum Ankauf von Seegründen durch die öffentliche Hand. Verstaatlichung scheint also der letzte Ausweg zu sein, soll nicht ein grausamer Alptraum wahr werden: daß nämlich der kleine Mann ins Flugzeug steigen muß, um etwas von den Seen zu erblicken — wenn nicht die neureichen Seeanrainer ihre Gründe und Bauten inzwischen wieder verschleudert haben, weil ihnen der Aufenthalt an Faulschlammbuchten zu ekelhaft geworden ist.

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