Neil Postman: Kassandra der Mediengesellschaft

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"Der neue Hauptgott in Amerika heißt Konsum'. Der Gott des Konsums flüstert den Amerikanern über alle Medienkanäle ins Ohr: Du bist auf der Erde, um zu kaufen..." Starke Worte, mit denen Neil Postman vor einigen Jahren auch im Furche-Interview aufwartete, aber keine Überraschung: Der amerikanische Zivilisationskritiker galt da schon lange als erste Adresse in Sachen Kulturpessimismus. Es war vor allem ihre pointierte und radikale Kritik, die die Sprüche des Professors für Medienökologie an der New York University zu weltweit verbreiteten Zitaten gemacht hatte.

Dass wir uns via Fernsehen "zu Tode amüsieren", dass die "Kindheit verschwindet", und dass - weil es "keine Götter mehr" gibt - die Erziehung am Ende ist, gehört durch Postmans Bestseller auch hierzulande zu den kulturkritischen Allgemeinplätzen. Postman selbst war - sei es wegen Erfolgsneids, sei es wegen seiner plakativ-simplen Diagnosen der komplexen Mediengesellschaft - in der Scientific Community (gelinde gesagt) umstritten. Seiner Popularität als Kassandra, die zuletzt unermüdlich vor Computerwahn und Internethörigkeit warnte, tat das keinen Abbruch: Propheten zeichnen sich selten durch differenzierte Analyse aus. Postman durfte sich aber bestätigt fühlen, als Medien-Analytiker, die die Berichterstattung zum 11. September 2001 untersuchten, wieder und wieder auf seine Thesen zurückgriffen.

Neil Postman lebte, was er verkündete: Seine Bücher schrieb er mit Kugelschreiber, in seinem Büro gab es keinen Computer, aber Stapel von Büchern und Zeitungen - sowie überquellende Aschenbecher. Am 5. Oktober ist der 72-Jährige in New York an Lungenkrebs gestorben.

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