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Neil Postman: Die Show zählt, nicht die Inhalte

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Sich zu Tode zu amüsieren, das sei die große Gefahr unserer Gesellschaft, behauptete der Medienkritiker Neil Postman vor 13 Jahren. Er stehe weiter zu dieser Diagnose, erklärt er auch heute.

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Sich zu Tode zu amüsieren, das sei die große Gefahr unserer Gesellschaft, behauptete der Medienkritiker Neil Postman vor 13 Jahren. Er stehe weiter zu dieser Diagnose, erklärt er auch heute.

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DIE FURCHE: Ihr Bestseller „Wir amüsieren uns zu Tode ” ist zu einem Standardwerk der medien- und technologiekritischen Fachliteratur geworden. Sie kritisieren darin den - Ihrer Meinung nach — rapiden Verfall menschlicher Urteilskraft durch den allgegenwärtigen Medienkonsum. Dieses Buch wurde 1985 veröffentlicht. Amüsiert sich die Menschheit nach wie vor zu Tode?

Neil Postman: Ja. Mehr denn je bin ich der Meinung, daß der Titel dieses Buches und die Inhalte absolut richtig sind. Ich habe vor über zehn Jahren die These aufgestellt, daß der seriöse öffentliche Diskurs immer mehr zur Show verkommen wird. Und was ist eingetroffen? Schauen Sie sich doch die Diskussionen der Gegenwart - und diese werden hauptsächlich über die Medien geführt - an.

Egal ob über Politik, Wirtschaft, Religion oder Erziehung diskutiert wird: Es zählt nicht der Inhalt, sondern nur die Show. Es ist kaum mehr möglich, über die Medien zu seriösen Informationen zu gelangen. Das Fernsehen ist vor allem darauf bedacht, die Zuschauer zu unterhalten und zu amüsieren. Es geht nicht um ernsthafte Diskussionen, sondern um die Show. Dieser Trend ist auch zunehmend bei Ihnen in Europa zu spüren. Um Ihre Frage abzurunden: Ich bleibe dabei, die Menschheit amüsiert sich zu Tode!

DIE FURCHE: Immer mehr Menschen verwenden das Internet. Sind auch alle Internet-Anwender damit beschäftigt, sich zu Tode zu amüsieren?
Postman:
Es ist offensichtlich, daß das Internet für Banken, Versicherungen und für andere Wirtschaftszweige eine große Bedeutung gewonnen hat. Auch im Bereich der Wissenschaft ermöglicht das Internet eine rasche und effiziente Kommunikation über die neuesten Entwicklungen. Hier wird dieses Medium nicht zur Unterhaltung, sondern zum Austausch wichtiger Informationen verwendet. Ich bin jedoch der Meinung, daß der durchschnittliche Bürger - ein Friseur, ein Taxilenker, der Polizist an der nächsten Straßenecke - für sein berufliches und privates Leben wenig Nutzen und Vorteil genießt, wenn er im Internet herumsurft. Diese Internet-Euphorie kann ich nicht nachvollziehen.

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