"Heiraten war der größte Fehler“

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Als ich unehelich schwanger wurde, wollte mein späterer Ehemann mich zur Abtreibung zwingen. Das kam für mich aber nicht infrage. Diesen Mann auf Anraten meiner Mutter zu heiraten, war der größte Fehler meines Lebens. Zwischen kirchlicher und standesamtlicher Hochzeit habe ich ihn mit meiner Freundin im Bett erwischt. Nach der Geburt unserer Tochter hat er weiterhin bei seinen bosnischen Eltern in Wien gewohnt und sich kaum um das Kind gekümmert. Ich musste meine Karriere unterbrechen und hatte plötzlich viel weniger Geld zur Verfügung. Er hat als Jurist gut verdient und zahlte keinen Cent für sein Kind, also bin ich zum Jugendamt gegangen. Daraufhin wollte er die alleinige Obsorge, damit er nicht soviel zahlen muss. So ging der Obsorgestreit los, als meine Tochter mit drei Jahren in den Kindergarten kam.

Ich habe mich im Recht gefühlt, weil das Kind von Anfang an bei mir war. Mit allen juristischen Tricks hat er versucht, die Obsorge durchzusetzen: Er hat mich verleumdet, seine Großfamilie hat für ihn sämtliche Lügen vor Gericht bezeugt. Als er begonnen hat, unangemeldet aufzutauchen, um mir das Kind zu entreißen oder sie ohne Absprache aus dem Kindergarten abzuholen, habe ich richtig Angst bekommen. Als Ehemann hatte er aber das Recht dazu. Er ist mit dem Kind ganze Wochenenden nach Bosnien gefahren, ohne dass ich wusste, wo meine Tochter war. Zu dem Zeitpunkt habe ich es schon bereut, mit meinem Gang zum Jugendamt den Stein ins Rollen gebracht zu haben. Der absolute Tiefpunkt war für mich, als das Kind mit dreieinhalb Jahren vom Jugendamt für drei Wochen in ein Krisenzentrum gesteckt wurde. Die bürokratischen Mühlen waren viel zu langsam. Aber das alles schafft ein gefinkelter Jurist, der nicht zahlen will. Das Schwierigste für mich war, eine halbwegs stabile Mutter zu sein, wenn er mir das Kind aus der Hand gerissen hat. Ich hätte vor dem Jugendamt cool und strategisch bleiben müssen, war aber emotional total aufgewühlt.

Ein Kuhhandel: Für ein Ferienhaus verzichtet der Vater auf die Obsorge

Als meine Tochter fünf Jahre alt war, bekam ich endlich die alleinige Obsorge und er ein umfangreiches Besuchsrecht zugesprochen. Es war ein Kuhhandel: Er hat mir die Obsorge überlassen, dafür habe ich ihm ein Haus in Bosnien geschenkt. Am Wochenende hat er sie immer an seine Familie abgegeben. Als Jugendliche musste sie ganze Wochenenden auf seine Kinder aus zweiter Ehe aufpassen. Immer wieder hat er sie als Zeugin vor Gericht geholt, obwohl in jedem Beratungsfolder steht, dass das das Kinder wahnsinnig belastet. Erst als sie neun war, bekam ich das erste Geld von ihm. Meine Tochter ist jetzt 17, sein Zahlungsrückstand beträgt derzeit 8.000 Euro. Sie hat sogar ihr Sparbuch heimlich aufgelöst, um ihm Geld zu borgen.

Sie ist immer zwischen uns gestanden und versteht nicht, dass ich sie nur schützen will. Sie ist eben eine halbe Bosnierin, hat sich in seine Familie eingefügt, und ist seinen patriarchalen Manipulationen gefolgt. Mit Hobbys wie Jazz Dance oder Tennis musste sie aufhören, weil er am Wochenende keine Zeit dafür hat. Der Familienzusammenhalt gibt ihr das Gefühl, sie muss seine Familie über ihre eigenen Bedürfnisse stellen. Ich bin froh, dass sie bald 18 wird und dann selbst über sich entscheiden kann. Jetzt hat sie einen Freund, der den Einfluss des Vaters schwächt. Derzeit prozessiert seine Familie gegen mich: Ich hätte ihn telefonisch beleidigt. Als Mutter sollte man das Recht haben, das Besuchsrecht des Vaters schnell und unbürokratisch einzuschränken, wenn er das Kind schädigt. (ein)

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