Bianca Sünbold - © Foto: Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Wien

"Gesichter des Zusammenhalts": Intensivpflegerin Bianca Sünbold im Porträt

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Vor acht Jahren hat Bianca Sünbold ­unserer Autorin von ihrer Arbeit als Intensivpflegerin erzählt. Nun haben sie sich erneut ausgetauscht. Was sieht sie heute anders? Auftakt der neuen FURCHE-Reihe „Gesichter des Zusammenhalts“.

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Vor acht Jahren hat Bianca Sünbold ­unserer Autorin von ihrer Arbeit als Intensivpflegerin erzählt. Nun haben sie sich erneut ausgetauscht. Was sieht sie heute anders? Auftakt der neuen FURCHE-Reihe „Gesichter des Zusammenhalts“.

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„Jede Pflegekraft hat diesen einen Patienten. Diesen einen irgendwie besonderen. Den, an dessen Namen man sich immer erinnern wird. An seine Familie, an seine Krankheit und in meinem Fall auch an seinen Tod.“ Mit diesen Zeilen beginnt jene Geschichte, die mir Bianca Sünbold 2015 für das Buch „In besten Händen. Menschen aus Pflegeberufen erzählen“ berichtet.

Bis heute ist Sünbold Intensivkrankenpflegerin im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Wien. Am Beispiel dieses einen Patienten hat sie damals durchblicken lassen, dass es in ihrem Beruf – trotz aller Routinen – immer wieder Menschen gibt, deren Schicksal man nicht vergisst. Und deren Abschied nachhaltig erschüttert.

„Herr Selig steht stellvertretend für alle ‚besonderen‘ Patienten, die wir im Laufe unserer Karriere kennenlernen. Natürlich ist jeder Patient etwas Besonders, aber es sind diejenigen, die uns auf ­außergewöhnliche Weise im Gedächtnis bleiben. Es sind diejenigen, die uns zeigen, dass wir doch nicht so routiniert und abgebrüht sind, dass uns nichts mehr erschüttern kann. Es sind diejenigen, die uns zeigen, dass wir trotz Stress und Dauerbelastung doch noch irgendwo ein Herz für kleine besondere Momente haben und dass wir offensichtlich nicht so abgestumpft sind, wie wir manchmal befürchten oder glauben möchten.“

„Eine gewisse Empathiemüdigkeit“

Seither sind acht Jahre vergangen. Ich treffe die heute 38-Jährige abermals, weil ich mich erkundigen möchte, wie sie heute mit den Herausforderungen ihres Berufes umgeht – und ob man im Laufe der Jahre eine „dickere“ Haut bekommt oder eine andere Sicht auf bestimmte Themen.

Nach mittlerweile 15 Jahren auf der Intensivstation sei manchmal „eine gewisse Empathiemüdigkeit zu spüren“, sagt Bianca Sünbold. Man hat schon viel erlebt, viel gesehen – und man muss aufpassen, dass man nicht abstumpft und nicht die individuellen Bedürfnisse eines jeden Menschen aus den Augen verliert. Dazu kommen nagende Fragen: Hat man richtig reagiert? Hat man dem Patienten die notwendige Zuwendung zukommen lassen? Hätte man etwas besser machen können? Hausintern gibt es eine Psychologin, mit der Sünbold Termine für Entlastungsgespräche vereinbaren kann, auch besteht die Möglichkeit der Supervision. Sie selbst nimmt diese Optionen aber eher selten in Anspruch: Es kann durchaus schwierig sein, sich einzugestehen, dass man hier und jetzt vielleicht professionelle Unterstützung braucht. Bis jetzt hat sie den Eindruck, meist auch andere Wege zu finden, um mit beruflichen Problemen umzugehen. Ganz wichtig ist ihr hier der Austausch mit ihrer Mutter, die selbst seit 40 Jahren Krankenpflegerin ist – und über einen entsprechend großen Erfahrungsschatz verfügt.

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