Macht und Vorurteil
DISKURSWie tickt die Polizei?
Polizeibeamte müssen sich immer wieder den Vorwurf gefallen lassen, mit dem rechten Parteienspektrum zu sympathisieren. Darf man einen ganzen Berufsstand über einen Kamm scheren? Eine Inspektion.
Polizeibeamte müssen sich immer wieder den Vorwurf gefallen lassen, mit dem rechten Parteienspektrum zu sympathisieren. Darf man einen ganzen Berufsstand über einen Kamm scheren? Eine Inspektion.
Wie tickt die Polizei? Diese Frage ist im Grunde unerhört. Schließlich unterstellt man damit einer ganzen Berufsgruppe, einheitliche Wesenszüge aufzuweisen oder ähnliche weltanschauliche Ansichten zu vertreten. Wer käme auf die Idee, dies Bäckern, Briefträgern oder Bildungswissenschaftlern nachzusagen? Beantwortet ist die Eingangsfrage damit freilich nicht. Denn Polizeibeamte sind nun einmal keine Bäcker, Briefträger oder Bildungswissenschaftler: Sie verwalten das staatliche Gewaltmonopol, das ihnen von den Angehörigen eines Gemeinwesens übertragen wurde.
Nur der Exekutive ist es erlaubt, Recht und Gesetz zu sanktionieren. Wenn es sein muss, mit (physischer) Gewalt. Dass die Bevölkerung ein Interesse daran hat, wer genau in ihrem Namen agiert bzw. welcher Duktus innerhalb der Institution vorherrscht, ist von daher legitim. Vor allem, weil in regelmäßigen Abständen (Vor-)Urteile über die Polizei an die Oberfläche gespült werden und den medialen Diskurs bestimmen. So wie jüngst nach der gewaltsamen Tötung des Afroamerikaners George Floyd, die weltweite Proteste auslöste. Es war nicht das erste Mal, dass sich die Exekutive den Vorwurf des strukturellen Rassismus gefallen lassen musste.
Politisches Engagement im Wandel
Dass Polizistinnen und Polizisten überhaupt eine eigene politische Haltung zugestanden wird, ist in Österreich jedenfalls relativ neu. Bis zum Ende der Monarchie war die Polizei ausschließlich dem Staat verpflichtet, dem Einzelnen war es verboten, parteipolitisch aktiv zu sein. „Erst ab 1907 wurde in Österreich das allgemeine Wahlrecht eingeführt, das jedem männlichen Staatsbürger (das Frauenwahlrecht wurde erst 1919 eingeführt, Anm. d. Red.) erlaubte zu wählen, natürlich auch Polizeibeamten. Wobei sich letztere nach wie vor nicht aktiv in einer Partei engagieren durften“, sagt Harald Seyrl, Leiter des Wiener Kriminalmuseums. Das änderte sich erst nach Gründung der Ersten Republik.
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