Werbung
Werbung
Werbung

Das war abzusehen: Geht es um die Sexualität, um Familie und um Kinder - dann ist es für kaum einen der an politischen Debatte Beteiligten noch ein weiter Weg in die Falle der Reflexe. Die Muster sind, vorerst noch ohne sie zu bewerten, so bekannt und so eingespielt, dass die Salzburger Nachrichten dieser Tage prompt mit "Kulturkampf um Aufklärung an Österreichs Schulen“ titelten. Danach klang es auch, selbst wenn sich die Wogen glätten. Das Thema und damit das Problem bleiben am Tisch, auch an Schultischen.

Korrektur am Unterrichtsmaterial

Ein bisher wenig aufgefallener Verein namens "Selbstlaut“, der sich der Abwehr sexueller Übergriffe auf Kinder widmet, erstellte im Auftrag des Unterrichtsministeriums eine Broschüre zur Aufklärung für Sechs- bis Zwölfjährige. Die gut 150 Seiten umfassende Unterlage ist als Unterrichtsbehelf für Lehrerinnen und Lehrer gedacht, damit Kinder und Jugendliche das Material nur angeleitet zur Hand nehmen. Dass dieses ohnehin via Internet zu besorgen ist, also die Lehrerschaft mitsamt ihrer Vorbereitung auf heikles Unterrichtsmaterial zum Thema Sexualität umgangen werden kann, steht auf einem anderen Blatt. Heikel ist die Sache mit der Sexualität und mit der Darstellung von Beziehungen allemal.

Aus Eltern- und Familienorganisationen ertönte Kritik, weil durch die gleichwertige Darstellung unterschiedlicher Formen sexueller Beziehungen die Vater-Mutter-Kind-Familie diskreditiert werde. Genau darauf musste das Unterrichtsressort prompt eingehen, Gespräche über mögliche - und wohl auch wahrscheinliche - Korekturen sind angesetzt. Dennoch ist die Angelegenheit einmal mehr ein Zeichen dafür, dass über und mit Sexualität beziehungsweise Fortpflanzung eine Art von Klassenkampf gegen die sogenannte klassische Familie geführt werden soll. Das ist abzulehnen.

Es ist ein ähnliches, man ist versucht zu sagen: Agitationsmuster, das sich auch in der Debatte um die Fortpflanzungsmedizin, um die Leihmutterschaft et cetera zeigt: Familienpolitik als Betätigungsfeld einer Gesellschafspolitik, die nicht die Familie im Fokus hat, sondern etwa Sexualität oder Rechte auf spezifische Formen der Selbstverwirklichung, mit welcher technischen oder sonstigen Hilfe auch immer. Ratsam wäre es, das eine dann doch etwas vom anderen auseinanderzuhalten.

Familie als Schutz für Nachwuchs

Die klassische Familie, diese Vater-Mutter-Kind-Familie entstand, man muss es in Erinnerung rufen, nicht als Antwort auf die Fragen nach sexuellen und sonstigen Lebensformen, sondern als Quelle und als Hüter von Fortpflanzung und Nachwuchs. Genau dabei sollte man es belassen. Und weil es so ist, entstanden die Bestimmungen vom Schutz der heterosexuellen Ehe über Versorgungs- und Unterhaltspflichten bis hin zur Kinder- und Familienförderung. Es geht um die Kinder, für diese ist die Familie da.

Die Familie nimmt, das zeigen etwa die Daten aus der Europäischen Wertestudie 1990-2010, für die Europäerinnen und Europäer nach wie vor höchste Bedeutung im Leben ein. Das gilt auch für Österreich, wobei allerdings zwei Einschränkungen vorzunehmen sind, wie sie in dem von Regina Polak herausgegebenen Band "Zukunft. Werte. Europa“ referiert werden: Ein im Europa-Vergleich niedriger Anteil ist gegenüber der Erwerbstätigkeit von Müttern oder gegenüber einer partnerschaftlichen Aufteilung der Aufgaben positiv eingestellt. Und insbesondere Jugendliche halten ihre Freunde für nahezu gleich wichtig wie ihre Familie. Hier, so scheint es, besteht einerseits Bedarf an Korrektur, andereseits an Anpassung an gesellschaftliche Entwicklungen. Genau das hat aber nicht direkt mit Sexualität und Aufklärung zu tun, selbst wenn die politischen Reflexe dies nahelegen. Der Begriff der Familie ist in Europa im Wandel, hin zur Solidargemeinschaft. Genau darauf einzugehen wäre geboten.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung