Kind sein
DISKURSMit auf die Flügel setzen
Nicht selten sind Astrid Lindgrens Figuren Rebellen, die den Widrigkeiten des Lebens trotzen. Wie dieses Aufbegehren mit Resilienz zusammenspielt, erfährt unsere Autorin als Lehrerin. Ein persönlicher Einblick.
Nicht selten sind Astrid Lindgrens Figuren Rebellen, die den Widrigkeiten des Lebens trotzen. Wie dieses Aufbegehren mit Resilienz zusammenspielt, erfährt unsere Autorin als Lehrerin. Ein persönlicher Einblick.
Vor kurzem stieß ich, surfend auf den Wogen von Facebook, auf einen Stein: ein „Reverse St. Francis Prayer“, also das Gebet des Franz von Assisi auf den Kopf gestellt. Sie haben das Original bestimmt im Ohr: „Herr, mache mich zu einem Werkzeug deines Friedens...“ Das auf den Kopf gestellte Gebet fängt so an: „Herr, mache mich zu einem Störkanal. Wo Apathie herrscht, lass mich provozieren; wo Übereinstimmung herrscht, lass mich Fragen bringen. ... Störe uns, oh Herr.“ Immer wieder möchte ich mir Sprüche auf große Blätter schreiben und sie an den Innenseiten der Türen aufhängen, die ich an Schultagen öffne, um durch sie hindurch in meine Arbeit zu gehen.
„Gib mir die Kraft, das zu verändern, was ich zu verändern vermag, die Langmut, das zu ertragen, was ich nicht verändern kann, und die Weisheit, beides voneinander zu unterscheiden“: Dieser Spruch gehört auch dazu.
Druck aushalten. Wieder zurückfinden.
Aber ich bin wohl zu schusselig, die Sprüche sind zu lang, das Tixo wird brüchig, die Blätter mit den Sprüchen segeln weg. Das, was draufsteht, muss mir zuwachsen und Platz finden in irgendeiner Hirn- oder Herzwindung. Ich arbeite gerade mein zehntes Dienstjahr an einer Mittelschule ab. Sprich: Das ist die dritte Gruppe von Kindern, die ich vier Jahre lang begleite.
Gegen Ende meines ersten Durchgangs hörte ich das erste Mal von „Resilienz“, jener eigentlich physikalischen Eigenschaft von Materialien, die nach Druckausübung rasch ihre ursprüngliche Form annehmen. Übertragen auf Menschen heißt das, dass sie genau das auch tun: Druck aushalten. Nicht brechen. Wieder zurückfinden in einen guten Zustand.
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