Menschenrecht Wohnen: „Wir haben schockierende Berichte bekommen“
Rund 860.000 Menschen könnte es in den nächsten Monaten schwerfallen, die Miete zu bezahlen. Teresa Hatzl von Amnesty International über das Recht auf Wohnen.
Rund 860.000 Menschen könnte es in den nächsten Monaten schwerfallen, die Miete zu bezahlen. Teresa Hatzl von Amnesty International über das Recht auf Wohnen.
Die massive Teuerung drängt immer mehr Menschen in die Armut. Amnesty International (AI) hat nun den Bericht „Wenn Wohnen ein Menschenrecht wäre, dann würde ich so nicht wohnen“ vorgelegt. Ein Gespräch mit Teresa Hatzl, Advocacy & Research Officer bei AI Österreich über Armut, Obdachlosigkeit und Wege aus der Wohnkrise.
DIE FURCHE: Sie sagen Wohnungs- und Obdachlosigkeit verletzen das Menschenrecht auf „angemessenes Wohnen“. Was bedeutet das?
Teresa Hatzl: Das Recht auf angemessenes Wohnen bedeutet zuallererst ein sicheres und geschütztes Zuhause zu haben, der Mittelpunkt unseres sozialen, emotionalen und für viele auch wirtschaftlichen Lebens. Ein solches Zuhause ist Grundlage dafür, dass wir eine Reihe weiterer Menschenrechte, wie Recht auf Gesundheit, Privatleben, Bildung, Teilnahme an demokratischen Prozessen, ausüben können. Wie wichtig das Recht auf angemessenes Wohnen ist, wurde uns allen vor allem während der Pandemie bewusst, denken Sie nur an den wiederholten Appell: „Bleiben Sie zuhause!“
DIE FURCHE: In Ihrem Bericht schreiben Sie, dass 2019 in Österreich 22.038 Personen als obdach- oder wohnungslos registriert waren. Wie ist diese Zahl tatsächlich einzuordnen?
Hatzl: Ja, das war die offizielle Zahl, 31 Prozent davon waren Frauen. Wie hoch die Dunkelziffer ist, weiß niemand. Selbst Statistik Austria gibt an, dass die verwendeten Indikatoren nur den Minimalwert wiedergeben. Ein Phänomen, das in der offiziellen Statistik nicht berücksichtigt wird, ist die verdeckte Wohnungslosigkeit. Also wenn Personen vorübergehende Lösungen gefunden haben, bei Freund(inn)en oder Familie unterkommen. Wichtig zu betonen, ist auch, dass der UN-Fachausschuss festhielt, dass der Staat seine menschenrechtlichen Verpflichtungen in Bezug auf das Recht auf Wohnen verletzt, wenn eine große Anzahl an Menschen wohnungslos oder obdachlos ist. Denn Wohnungs- und Obdachlosigkeit sind die extremsten Verletzungen des Rechts auf Wohnen.
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