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Lücke in der Sozialversicherung
Ein großer Teil der österreichischen Staatsbürger ist gegen Krankheit pflichtversichert. Als Gegenleistung für seine und seines Arbeitgeber I Beitragsleistung werden dem Versicherten unentgeltliche ärztliche und Spitalsbehandlung zugesichert; er betrachtet sie deshalb auch als sein gutes und wohlerworbenes Recht. Die Krankenversicherung hingegen übernimmt für ihn lediglich einen Teil der Heilungskosten. Den nicht unbeträchtlichen Rest tragen vor allem die Aerzte und die Allgemeinheit, welche die leicht nachzuweisenden Fehlbeträge für die Kranke-hauspatienten zu bezahlen haben.
Daher ist — den bestehenden Vorschriften entsprechend — zu unterscheiden zwischen dem spitalsbehandlungsbedürftigen und dem behand-lungs- und pflegebedürftigen Kranken.
Für die ersteren sind diagnostisch und therapeutische Maßnahmen nötig, die dem praktizierenden Arzt nicht zur Verfügung stehen. Die letzteren kann jeder praktische Arzt behandeln. Früher wurden sie vom Hausarzt ärztlich und von der Familie pflegerisch betreut. Hausarzt und Familiengemeinschaft sind aber zugrunde gegangen. Kein Ersatz besteht für sie. Die Lücke klafft. Wer sorgt für die nicht spitalsbedürftigen Kranken, die keine Familie haben? Wenn die Familie es ablehnt, etwa einen Urlaub für die Pflege zu opfern? Oder wenn sich bei der Spitalsentlassung herausstellt, daß niemand zu Hause ist, weil die Familie ihren pflegebedürftigen Angehörigen nur im Krankenhaus abgelegt hat, um auf Urlaub fahren zu können?
Wer sorgt für jene Kranken ohne Familie, ohne Heim, welche einer salz-, fett- oder kohlehydratarmen Kost bedürfen, um nicht gleich wieder ins Krankenhaus zu müssen oder sich ein chronisches, ein unheilbares Leiden zuzuziehen? Im heurigen Winter mit seinen hohen Heizungskosten waren die Krankenanstalten mit Patienten überfüllt, die „mangels häuslicher Pflege“ eingeliefert wurden. Kranke, die der klinischen Diagnostik und Therapie dringend bedurft hätten, mußten zurückstehen und warten, bis es gelang, einen nur noch pflegebedürftigen Kranken zu entlassen.
Daß dieser oder ein nur Pflegebedürftiger, dem die Aufnahme verweigert werden mußte, sich in seinen Rechten als Zwangsversicherter schwer getroffen fühlt, ist verständlich. Die Folge sind Fehlreaktionen etwa in der Form entstellter oder drastisch übertriebener Berichte an den Rundfunk. Der Kranke fühlt sich berechtigt, nicht nur ärztliche Behandlung, sondern auch die Krankenpflege, kurz alles, was er zu seiner Genesung nötig hat, als unentgeltliche Leistung zu verlangen.
Zwischen Krankenhaus und Erholungsheim klafft die Lücke! im Betrieb billige Genesungsheime und die Hauskrankenpflege müßten hier die Krankenanstalten entlasten, sollen diese ihrer eigentlichen Aufgabe* nachkommen können. Caritas und Rotes Kreuz haben da und dort bereits eine Hauskrankenpflege aufgerichtet. Sie wäre sicherlich ausbaufähig. Die Versicherungsträger aber müßten entweder für die Hauspflege aufkommen oder das Krankengeld für Pflegebedürftige entsprechend erhöhen bzw. Pflegeheime (statt Bürohäuser) bauen. Mit dem Platzmangel in den sogenannten Siechenhäusern und Altersheimen hat die Versorgung und Betreuung Genesender nichts zu tun. -
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