Ideenwettbewerb in der Kinderförderung

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Die Impulse von Industrie und Arbeiterkammer für eine neue Familienpolitik gerieten manchen zu einfach, obwohl die Gründe dafür außer Streit stehen.

Die Industriellenvereinigung bleibt auf Kurs: "Als Interessenvertreter werden wir immer wieder mit dem Vorwurf konfrontiert, dass die Gleichstellung von Frauen und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie in Österreich nicht gut gelingen. Mit dem neuen Vorschlag wollen wir beide Ziele besser erreichen“, sagt Christian Friesl, Bereichsleiter Gesellschaftspolitik in der Industriellenvereinigung zu den "Neuen Impulsen für die Familienpolitik in Österreich“. Diese wurden zum Wochenbeginn gemeinsam von IV-Präsident Veit Sorger und AK-Präsident Herbert Tumpel präsentiert - und lösten umgehend geteilte, teils sogar heftig ablehnende Reaktionen aus.

Hoher Aufwand, weniger Ertrag

Mit den neuen Vorschlägen wollten Industrie und Arbeiterkammer jedenfalls "Akzente setzen“, sagt Friesl zur FURCHE, die "sich etwa auch in Schweden bewährt haben“, denn "ohne gelingende Vereinbarkeiten gibt es keine sinnvolle Familienpolitik“.

Begründet wird der Vorstoß einerseits mit den hohen Aufwendungen für Familien im Umfang von acht Milliarden Euro jährlich, die allerdings nicht dafür ausreichen würden, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ebenso zu gewährleisten wie die Gleichstellung von Mann und Frau. Doch genau diese Aspekte seien, so Veit Sorger, entscheidend für die Qualität und Attraktivität eines Wirtschaftsstandortes, und dessen "Hüter“ sei nun einmal die Industrie. Und Tumpel verwies ergänzend auf regionale Vergleichsstudien, denen zufolge die Frauenerwerbsquote dort höher sei, wo Plätze für die Kinderbetreuung angeboten würden.

Eine weitere Begründung für die "Vereinfachung“ sei die Vielzahl an familien- und kinderbezogenen Leistungen. Tatsächlich nennt das im ÖGB-Verlag erschienene, von der Arbeiterkammer herausgegebene Lexikon Sozialleistungen im Überblick eine Reihe direkter und indirekter staatlicher Leistungen für Kinder auf: Kinderabsetzbetrag, Kinderfreibetrag, Kinderbetreuungshilfe, Kinderbetreuungsbonus, Kinderbetreuungsgeld, Kindergeld PLUS, Kinderzulage, Kinderzurechnungsbetrag und Kinderzuschuss. Der von IV und AK erarbeitete Vorschlag setzt auf drei Ebenen an:

Die Geld- und Steuerleistungen (zusammenfassend: Familienbeihilfe, Kinderabsetzbetrag, Alleinverdienerabsetzbetrag inklusive Kinderzuschläge, Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten) sollen zusammengefasst werden: Für jedes Kind soll es eine Geldleistung von 210 Euro pro Monat geben. Alleinerziehende erhalten 50 Euro monatlich zusätzlich, Eltern behinderter Kinder 140 Euro. Die Höhe der Leistung ist unabhängig von Anzahl und Alter der Kinder, so der Vorschlag. Genau darin sehen das Familienministerium sowie der ÖVP-Seniorenbund eine mögliche Verfassungswidrigkeit, denn der Verfassungsgerichtshof habe erkannt, die Hälfte der durch ein Kind entstehenden Kosten seien durch den Staat abzudecken.

Als Zweites schlagen AK und IV vor, für Bildung und Kinderbetreuung zweckgebundene Gutscheine von je 35 Euro pro Monat anzubieten. Als Drittes sollten in einer "Kinderbetreuungsoffensive“ innerhalb von vier Jahren für 100 Millionen Euro rund 35.000 Betreuungsplätze für Kinder im Alter von unter drei Jahren geschaffen werden. Mit den von der Bundesregierung geplanten Investitionen von 15 Millionen Euro würde Österreich frühestens 2025 die von der EU vorgegebenen Standards in der Kinderbetreuung erreichen. Daher sollten zudem die Öffnungszeiten bei weiteren 70.000 Kinderbetreuungsplätzen ausgeweitet, die pädagogische Qualität in der Betreuung verbessert werden.

Kritische Reaktionen

Mit Skepsis und teils mit Ablehnung reagierten Familienministerium und Sprecher aus der Volkspartei sowie der Katholische Familienverband Österreichs (siehe unten) auf diese Vorschläge.

Reinhold Mitterlehner, Wirtschafts- und Familienminister sprach sich gegen Leistungskürzungen aus. Genau diese drohe aber etwa Mehrkindfamilien. Die Familien sollten aber weiterhin von einem "guten Mix aus Geld und Sachleistungen profitieren“ und weiterhin "Wahlfreiheit“ bei der Auswahl der passenden Kinderbetreuung haben. Wesentlich sei es jetzt, die Familien nicht durch Gesetzesänderungen zu verunsichern, sondern die Möglichkeiten zur Kinderbetreuung in allen Regionen auszubauen.

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