Homophobie: Die Abwehr des anderen Ich
Der 17. Mai ist Internationaler Tag gegen Homophobie. Denn die Diskriminierung von nicht-heterosexuellen Menschen hat nicht aufgehört – und die aktuellen Kriegszeiten dürften die Situation noch verschlimmern.
Der 17. Mai ist Internationaler Tag gegen Homophobie. Denn die Diskriminierung von nicht-heterosexuellen Menschen hat nicht aufgehört – und die aktuellen Kriegszeiten dürften die Situation noch verschlimmern.
Wie weit homophobe Einstellungen auch anno 2022 nach wie vor verbreitet sind, belegt bereits die bloße Existenz des Phänomens des „Coming-out“. Für Menschen, die ihre sexuelle Orientierung ihrer Umgebung und ihren Nächsten offenbaren, bedeutet der Schritt in aller Regel große Überwindung. „Mein Vater redete auf meine Mutter ein und bewegte sie dazu, mich niederzumachen, sie wollten mir den Kontakt zu meiner Freundin verbieten“, sagt die Studentin Ebru in einem Gespräch mit dem Wiener Magazin Biber über jenen Moment, in dem sie sich als 14-Jährige zunächst vor ihrer Mutter als bisexuell outete.
Der Druck, die Familie zu enttäuschen, sei groß gewesen, sagt Ebru. Wo aber Überwindung des Drucks, ein Aus-sich-Heraustreten notwendig sind, da ist in aller Regel zuvor eine Angst vorhanden. „Die Anerkennung und Bestätigung von außen stärkt unser Selbstwertgefühl“, sagt der emeritierte Professor für Psychologie und Psychotherapeut Udo Rauchfleisch. „Wenn von außen dagegen immer wieder negatives Feedback kommt, labilisiert dies das Selbstbewusstsein.“ Das negative Feedback rührt aus Unverständnis, Ablehnung – und offener Feindseligkeit. Der Homophobie.
Gotteslästerung und Scheiterhaufen
Seit inzwischen 17 Jahren wird der Internationale Tag gegen Homophobie, Transphobie und Biphobie am 17. Mai begangen. Er geht auf den 17. Mai 1990 zurück, damals strich die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Homosexualität aus dem Katalog psychischer Krankheiten. Der Tag wurde später mehrfach um weitere Gruppen erweitert, heute ist es der Internationale Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie. Die Homophobie gilt, wie etwa der Rassismus, als sogenannte gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit; und es ist eine mit weitreichenden Folgen. „Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung zu benachteiligen, bedeutet, ihre Menschenrechte zu missachten, und zerstört damit eine wesentliche Grundlage jeder freien und humanen Gesellschaft“, heißt es bei der Homosexuellen Initiative Wien, die politische Interessen von Lesben und Schwulen in Österreich vertritt.
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