die furche: Haben Sie als Wirtschaftspsychologin den Eindruck, dass junge Frauen nach wie vor lieber in die Berufswelt strömen als Kinder zu haben?
Anneliese Fuchs: Ich bemerke zunehmend, dass die gebildeteten, jungen Frauen zwischen 28 und 36 Jahren zu Familienverweigerern geworden sind. Vor allem, wenn sie studiert haben, wollen sie oft weder die Ehe noch Kinder. Und wenn sie sich schon dafür entscheiden, dann nur für ein Kind. Allerdings auch nur dann, wenn sie Familie und Beruf unter einen Hut bringen können.
Diese Frauen wären ja auch dumm, wenn sie drei Kinder bekommen und mit diesen jeweils zwei Jahre zu Hause bleiben würden. Denn dann sind sie sechs Jahre aus dem Berufsleben draußen und kommen nie mehr hinein. Das wissen sie auch.
die furche: Wird das Kindergeld die Frauen zurück an den Herd drängen?
Fuchs:Ich finde das Kindergeld nicht schlecht. Aber als einseitige Maßnahme drängt es einerseits die Frau in die Familie zurück und andererseits kriegen dann diejenigen Frauen, die sowieso zu Hause bleiben wollen, umso mehr Geld. Ich denke hier - hart gesprochen - an die Fremdarbeiter, die ohnehin viele Kinder haben. Ich bin mir nicht sicher, ob das ganze Kindergeld nicht sogar in die falsche Kehle geht.
die furche: Ruiniert nicht in Wahrheit die Wirtschaft die Kinderwünsche? Sie trägt wenig dazu bei, Kind und Familie zu vereinbaren.
Fuchs: Es ist wichtig für die Förderung der Familie, die Wirtschaft darauf aufmerksam zu machen, familiengerechte Arbeitszeiten für Frauen und Männer zu schaffen. Dazu gehören Jahresarbeitszeiten, Teilzeitjobs, Betriebskindergärten und ähnliches. Hier ist noch sehr viel zu tun.
die furche: Kapiert man in den Managementetagen nicht, dass ein ausgeglichenes Familienleben auch für ein Unternehmen wichtig ist?
Fuchs: Ich glaube, dass man langsam begreift, dass die psychische Stabilität der Mitarbeiter wichtig ist. Und die hängt nun einmal auch von einer funktionierenden Familie ab.
die furche: Hinken wir da hinterher?
Fuchs: Es gibt bereits einige Unternehmen, die sehr familien- und frauenfreundlich sind. Die haben alle einen ungeheuren Motiviationsschub festgestellt, wenn sie auf das Familienleben Rücksicht nehmen. auch die Krankenstände nehmen ab.
die furche: Können die Frauen damit rechnen, dass sich hier in absehbarer Zeit etwas Gravierendes ändert?
Fuchs: Die Frauen sollten nicht damit rechnen, dass diese Einstellung allmählich von alleine kommt. Sie müssen auch selbst kämpfen und Druck ausüben. Ich kenne viele Frauen, die sich stark engagieren.
die furche: Kann da ein männlicher Frauenminister hilfreich sein?
Fuchs: Schon Herr Bartenstein war ein sehr guter Familienminister. Ich habe in der Vergangenheit eher unfähige Ministerinnen gesehen.
Das Gespräch führte Elfi Thiemer.
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