Karl Kraus: "In Grund und Boden geschrieben"
Vor 150 Jahren, am 28. April 1874, wurde Karl Kraus geboren. Der Schriftsteller und Publizist war ein großer Netzwerker und Förderer, aber auch ein gnadenloser Kritiker, nicht nur der Sprache.
Vor 150 Jahren, am 28. April 1874, wurde Karl Kraus geboren. Der Schriftsteller und Publizist war ein großer Netzwerker und Förderer, aber auch ein gnadenloser Kritiker, nicht nur der Sprache.
Jubiläen bieten immer einen Anlass zur Würdigung, man kann sie aber auch zum Anlass nehmen, genauer hinzusehen und kritisch nachzufragen. DIE FURCHE sprach dazu mit der Literaturwissenschafterin Evelyne Polt-Heinzl. Sie hat sich in vielen Publikationen (zum Beispiel „Ringstraßenzeit und Wiener Moderne. Porträt einer literarischen Epoche des Übergangs“, 2015; „Österreichische Literatur zwischen den Kriegen. Plädoyer für eine Kanonrevision“, 2012) mit dem gesellschaftlichen und politischen Umfeld auseinandergesetzt, in dem Karl Kraus lebte und wirkte.
DIE FURCHE: Wir haben uns für dieses Gespräch vorgenommen, Karl Kraus einmal etwas kritischer zu beleuchten. Aber ich würde zuerst doch gerne mit seinen Verdiensten anfangen. Wo sehen Sie sein größtes Verdienst?
Evelyne Polt-Heinzl: Er hat das Zeitgeschehen, insbesondere die Medienlandschaft, kritisch beobachtet und begleitet, und seine sprachliche Akribie dabei ist oft bewundernswert. „Die letzten Tage der Menschheit“ etwa sind mit der schonungslosen Montage realer, vor allem medialer Fundstücke ein monumentales Denkmal. Kraus war ja zwangsweise ein Kriegsbeobachter aus dem Hinterland. Seine zentrale Quelle war daher die Kriegsberichterstattung, allen voran die Extraausgaben, die zwar nicht im Ersten Weltkrieg erfunden wurden, aber bei Kriegsausbruch zum Propagandamittel mutierten. Kraus hat diese mediale Begleitmusik des Kriegs mit Verve entlarvt und im bloßen Zitieren gegen den Strich gebürstet.
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