Elektroauto beim Laden - © APA/dpa/Christian Charisius

Wie Kostenwahrheit die Zukunft der Elektro-Autos retten kann

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In der Grundlagenforschung zu Elektroautos wurde vieles verschlafen. Das wiederum befeuert den Zeitdruck bei den Klimazielen. Über ein Technologiedilemma.

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In der Grundlagenforschung zu Elektroautos wurde vieles verschlafen. Das wiederum befeuert den Zeitdruck bei den Klimazielen. Über ein Technologiedilemma.

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Technologieoffenheit anstatt Verbote und Elektromonokultur – eine Maxime, die einschlägige Industriezweige und dem Verbrennermotor wohlgesonnene Experten nicht müde werden, öffentlichkeitswirksam zu betonen. Einerseits stecken hier wahlkampftaktische Motive dahinter. Andererseits werfen diese Forderungen ganz grundsätzliche Fragen der Klima- und Industriepolitik auf, die es sich zu beleuchten lohnt: Der Weg in die Klimaneutralität ist vor allem für den Verkehrssektor eine Herausforderung. Nicht nur macht dieser mit 45 Prozent den größten Anteil an den heimischen Treibhausgasemissionen außerhalb des EU-Emissionshandels aus, er ist auch der einzige Sektor, dessen Emissionen zunehmen. Dabei helfen auch nicht die ständig wachsende Größe, Motorenstärke und Zusatzfunktionen von Autos. Ganz abgesehen davon, dass der Autobestand deutlich rascher als die Bevölkerung wächst.

Technologieoffenheit und Marktwirtschaft könnten also die dringend notwendige Abnahme der CO₂-Emissionen im Verkehrssektor sogar befördern. Theoretisch. Realistisch ist das nicht. Tatsächlich dürfen laut geltenden EU-Regeln alle bis 2035 zugelassenen Verbrenner weiterhin mit fossilen Treibstoffen fahren, und für alle ab 2035 neu zugelassenen Verbrenner gilt, dass diese beim Fahren CO₂-emissionsfrei sein müssen. Dies könnte durch sogenannte E-Fuels erreicht werden, also mittels erneuerbarem Strom produzierte synthetische Kraftstoffe.

Elektroauto: kein technologisches Heilsversprechen

E-Fuels sind das, was österreichische und deutsche Christdemokraten (in Deutschland auch die FDP) im Kern unter Technologieoffenheit verstehen. Bestehende Infrastrukturen (etwa Tankstellen) könnten so weiterverwendet werden, und die deutsche Autoindustrie müsste ihr altes Geschäftsmodell nicht großartig adaptieren. Dennoch geben sich die Unternehmen zurückhaltend. So zeigt das Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung, dass alle Produktionsanlagen der Welt, die bis 2035 fertiggestellt werden dürften, gerade einmal zehn Prozent jener Menge an E-Fuels produzieren können, die zur Versorgung der deutschen chemischen Industrie, Luftfahrt und Schifffahrt benötigt werden. Und diese Bereiche müssen zur Dekarbonisierung mangels Alternativen in jedem Fall auf E-Fuels zurückgreifen.

Wie lässt sich die geringe Investitionsneigung erklären? Sie könnte etwa mit den hohen Kosten in der Herstellung von E-Fuels, die durch den Aufbau von Infrastrukturen für erneuerbare Energie, Elektrolyse, Wasserentsalzungsanlagen, Direct Air Capture von CO₂ sowie Transportinfrastrukturen entstehen, zu tun haben. Weil die in Europa produzierte erneuerbare Energie teuer und beschränkt ist, müssten E-Fuels aus Afrika oder Südamerika importiert werden. Innerhalb der Autoindustrie weiter auf den Verbrenner zu setzen, ist dennoch keine Option: Unter Berücksichtigung der marktreifen Antriebs- und Treibstofftechnologien sowie der Klimaziele wird sich das Elektroauto als dominante Technologie im Pkw-Bereich durchsetzen, auch wenn die Verkaufszahlen zuletzt enttäuscht haben.

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