Die verfallene Hülle der St. Mary’s Church in Tintern, Wales - Schon bei Paulus steht, dass die Schöpfung der Vergänglichkeit unterworfen ist – aber „auf Hoffnung hin unterworfen“. - © Foto: iStock/steved_np3

"Vergängliche Schöpfung". Klimaschutz bedeutet nicht Erlösung

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Warum christliche Umweltethik ihre geistliche Tiefe verliert, wenn sie sich auf moralische Klimaappelle beschränkt. Ein Gastkommentar auf Basis eines soeben erschienenen Buches.

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Warum christliche Umweltethik ihre geistliche Tiefe verliert, wenn sie sich auf moralische Klimaappelle beschränkt. Ein Gastkommentar auf Basis eines soeben erschienenen Buches.

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Das Anthropozän, wie die gegenwärtige erdgeschichtliche Epoche genannt wird, verdankt seinen Namen der Eingriffstiefe, mit welcher die Gattung des Homo sapiens das Gesicht der Erde verwandelt hat und weiter verändert. Die Eingriffstiefe zeigt sich nicht nur in den Sedimenten der oberen Erdschicht, sondern auch im Klimawandel, der in starkem Maße von menschlichen Faktoren verursacht wird und bedrohliche Ausmaße angenommen hat. Ihn einzubremsen und gegenzusteuern, ist alle globalen Anstrengungen wert. Dass sich auch die Kirchen im Umwelt- und Klimaschutz engagieren, verdient Unterstützung. Im umweltpolitischen Engagement soll der christliche Schöpfungsglaube praktisch werden.

Manchmal entsteht allerdings der Eindruck, wer von Schöpfung spricht, rede lediglich von der Natur in einem leicht erhöhten religiösen Ton, auf den man notfalls auch verzichten kann. Christliche Umweltethik verliert aber ihre geistliche Ausrichtung, wenn sich der Schöpfungsglaube auf moralische Appelle beschränkt, deren theologische Substanz diffus bleibt. Gleichzeitig lässt sich der Trend beobachten, die Natur neoromantisch zu verklären, als sei sie der Inbegriff des Guten schlechthin, obwohl die Natur selbst doch keine Moral kennt und sich in ihren Prozessen aus Sicht des Menschen, der um sein Überleben besorgt ist, als hochgradig ambivalent zeigt. Die kosmische Naturentwicklung kennt Prozesse des Entstehens, aber auch der Vernichtung. Auch der Erde, auf der wir Menschen leben, steht ihre endgültige Vernichtung eines fernen Tages bevor. Ihre Biosphäre ist vergänglich.

„Letzte Generation“ als Apokalyptiker

Dass Lebenszeit – die des Individuums wie die der menschlichen Gattung – und Weltzeit auseinanderfallen, ist auch theologisch zu bedenken. Wie die rund 170 Millionen Jahre existierende Welt der Dinosaurier – von der die Autoren der biblischen Schöpfungsgeschichten nichts wussten – vor etwa 66 Millionen Jahren untergegangen ist, so wird vermutlich auch die Welt des Homo sapiens lange vor dem Ende unseres Planeten untergehen. Das Ende der Erde aber, die noch einige Milliarden Jahre um die Sonne kreisen mag, wird noch lange nicht das Ende der Geschichte des gesamten Kosmos sein. Vormoderne Apokalyptiker konnten das nicht wissen, aber auch moderne Apokalyptiker, die sich selbst für die „letzte Generation“ halten, blenden diese größeren erdgeschichtlichen Zusammenhänge offenbar aus.

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