Papst Franziskus - © Foto: APA / AFP / Tiziana Fabi

Papst Franziskus: Ein Zwiegespaltener

19451960198020002020

Mit homophoben und sexistischen Aussagen hinter vermeintlich verschlossener Tür sorgte Franziskus dieser Tage für Aufregung. Ändern wird sich der 87-Jährige nicht mehr, möglicherweise ist es gar nicht in seinem Interesse. Eine Analyse.

19451960198020002020

Mit homophoben und sexistischen Aussagen hinter vermeintlich verschlossener Tür sorgte Franziskus dieser Tage für Aufregung. Ändern wird sich der 87-Jährige nicht mehr, möglicherweise ist es gar nicht in seinem Interesse. Eine Analyse.

Werbung
Werbung
Werbung

Der Leiter der vatikanischen Pressestelle, Matteo Bruni, kann sich gerade nicht über Unterbeschäftigung beklagen. Dafür sorgt einmal mehr sein Chef, Papst Franziskus, selbst. Kaum hatte sich die Aufregung um das „F-Wort“ (Frociaggine, zu Deutsch „Schwuchtelei“), das der Papst im Gespräch mit italienischen Bischöfen verwendet hatte, um Vorgänge in katholischen Priesterseminaren zu beschreiben, gelegt, sorgte Franziskus für eine weitere Negativschlagzeile. Im Gespräch mit frisch geweihten Priestern der Diözese Rom meinte er, sie sollten Geschwätz vermeiden, dieses sei schließlich „Frauensache“. Männer hingegen müssten die Dinge zur Sprache bringen, gab er der Gruppe mit auf den Weg.

Die Liste päpstlicher Fettnäpfchen lässt sich fortsetzen. Im März sorgte seine Aussage zur „Weißen Fahne“ sogar für eine veritable diplomatische Krise zwischen dem Vatikan und der Ukraine. Seit Jahren wundern sich Beobachterinnen und Beobachter des Vatikans über die kommunikative Sorglosigkeit des Kirchenoberhaupts, sei es in Gesprächen mit Medien, sei es im vermeintlich vertraulichen Kreis mit Bischöfen. Nicht zuletzt der Umstand, dass gleich drei der bei der Unterredung Anwesenden die Wortwahl des Papstes gegenüber italienischen Medien – freilich anonym – bestätigten, veranschaulicht, dass auch ein Papst nie von Vertraulichkeit ausgehen kann. Dafür hat Franziskus schlicht zu viele Menschen um sich, die es möglicherweise nicht so gut mit ihm meinen. Das weiß der 87-Jährige selbst.

Umso erstaunlicher, dass die Worte des Papstes oft diametral gegenüber seiner offiziellen Linie stehen. In der Kirche gebe es Platz für jeden, ist eine Formulierung, die Franziskus seit Beginn seines Pontifikats fast mantraartig wiederholt. In der Erklärung Fiducia supplicans der vatikanischen Glaubensbehörde vom vergangenen Dezember hatte der Chefdogmatiker des Papstes, der argentinische Kardinal Victor Fernández, eine formlose Segnung gleichgeschlechtlicher, unverheirateter oder wiederverheirateter Paare gestattet.

Päpstliche Vulgärsprache

Die Erklärung des Dikasteriums für die Glaubenslehre hatte für so heftige Diskussionen innerhalb der katholischen Kirche gesorgt, dass sich der Glaubenspräfekt noch im Jänner zu einer Präzisierung gezwungen sah. Die Segnung dürfe nicht vor dem Altar stattfinden, maximal zehn bis 15 Sekunden dauern und sei nicht als Bestätigung oder gar Absolution für diese Lebensweise in „irregulären Beziehungen“ zu verstehen. Trotzdem, der Papst hatte durch seinen Glaubenspräfekten ein deutliches Signal an gleichgeschlechtlich Liebende, die sich mehr Anerkennung durch die Kirche wünschen, gesendet. Gerade in diesem Kontext wirkt die Vulgärsprache des Papstes umso befremdlicher und könnte die zaghaften Bemühungen der Kirche im Keim ersticken.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung