IStGH-Chefankläger Karim Khan - Karim Khan, Sohn pakistanischer Eltern, ausgebildet am King’s College in London, steht nun selbst im Kreuzfeuer der Kritik. - © APA / AFP / Dimitar Dilkoff

Karim Khan: Weltankläger auf medialer Anklagebank

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Mit seinem Antrag auf Haftbefehl gegen Israels Regierungsspitze hat der Chefankläger des IStGH in Den Haag eine kontroverse Debatte über die Rolle des Weltgerichts ausgelöst.

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Mit seinem Antrag auf Haftbefehl gegen Israels Regierungsspitze hat der Chefankläger des IStGH in Den Haag eine kontroverse Debatte über die Rolle des Weltgerichts ausgelöst.

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Der Chefankläger des Weltgerichts ist streng gläubig. Karim Khan glaubt an die Justiz, an die Macht und die Pflicht des Rechts, das Böse in der Welt zu verfolgen, zu verurteilen und zu bestrafen – um das Gute, Wahre und Schöne zu schützen. Nachdem der 54-jährige Schotte diese Glaubensfestigkeit als „großartiger Anwalt“ und „beängstigend schlauer Meisterstratege“ bewiesen hatte, wurde er 2021 an die Spitze des Internationalen Strafgerichtshofs (IstGH) in Den Haag gewählt. In der israelischen Boulevardzeitung Jedi’ot Acharonot wurde er damals als unpolitischer, pragmatischer „Wunschkandidat“ von Großbritannien, den USA und Israel beschrieben.

Held oder Verräter?

Seit Montag dieser Woche bewerten diese Zeitung, Israel und die Welt Khan völlig anders. Seit er gleichzeitig Haftbefehle gegen Israels Ministerpräsident und Verteidigungsminister (wegen mutmaßlicher Verbrechen gegen die Menschlichkeit) sowie gegen drei Hamas-Führer (wegen des Verdachts strafrechtlicher Verantwortung für Mord, Vernichtung und Geiselnahme sowie vieler anderer Verbrechen) beantragte, steht der Chef des Weltgerichts selbst weltweit vor einem politisch-medialen Tribunal. Dort ist das Urteil über Khan, im Unterschied zu den fairen und rechtsstaatlichen Verfahren im IStGH, bereits gefällt: Für die eine Seite ist er ein Held, für die andere ist er ein Verräter des Westens, einer „der großen Antisemiten der Moderne“ und ein übergeschnappter Jurist, der Weltpolitik betreiben möchte.

Gerade für Letzteres wurde Karim Khan aber in seine Position gewählt. Der IStGH leidet seit Gründung an einer Legitimitätskrise, weil er bislang „schwach ist bei den starken Staaten und stark bei den schwachen Staaten“. Mit dieser Logik macht Khan mit Haftbefehlen von Putin bis Netanjahu konsequent Schluss. Seine Laufbahn verleiht ihm dafür Glaubwürdigkeit: Khan, der bullig auftritt, geziert von einem Henri-Quatre-Königsbart sowie dem von Elizabeth II verliehenen Ehrentitel „Queen’s Counsel“, war sowohl als Ankläger als auch als Verteidiger in internationalen Strafprozessen tätig. So verteidigte er Saif al-Islam Gaddafi, den als Jörg-Haider-Freund in Österreich bekannten Gaddafi-Sohn. Bis er als Chefankläger in seine jetzige Rolle schlüpfte und seither dessen Auslieferung an den IStGH verlangt. Ein Widerspruch? Nein, denn Karim Khan glaubt an die Justiz.

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