Bodo Hell - © Foto: Sigrid Landl

Bodo Hell: Ein Wanderer in der Sprache

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Er begeistert mit seinem Blick auf die Sprache ebenso wie mit seinem Blick auf die Natur. Seit 9. August wird der vielfach ausgezeichnete Schriftsteller Bodo Hell vermisst.

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Er begeistert mit seinem Blick auf die Sprache ebenso wie mit seinem Blick auf die Natur. Seit 9. August wird der vielfach ausgezeichnete Schriftsteller Bodo Hell vermisst.

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Zuerst immer der Mensch. Bodo Hell. Ich sehe ihn vor mir. Er fährt mit dem Fahrrad vorbei und winkt. Er lacht. So dermaßen freundlich und, ja, fröhlich. So zugewandt und neugierig. Und immer gern bereit, seinen Wissensschatz ebenso großzügig zu teilen wie die von ihm gesammelten Früchte der Natur. Zum Beispiel die Meisterwurz; in Schnaps eingelegt, reicht er diese Heilpflanze weiter. Man kann ja nie wissen.

Dann die Performance. Welch eine Präsenz, welch eine Präsentation! Wo Bodo Hell auftritt, hat er sofort die Aufmerksamkeit der Hörerinnen und Hörer. Welch eine Sprache, welch eine Vortragskraft! Begeistern kann er, das Wort trifft selten so gut. Seinen eigenen Weg geht er beständig, den literarischen, den menschlichen, keine Moden braucht er, keine Anbiederungen an Themen oder Betriebe, und 2023 wird er endlich und wohlverdient mit dem Österreichischen Kunstpreis für Literatur ausgezeichnet.

Er beschenkt seine Leser und Hörerinnen mit einem Blick auf Sprache, auf wuchernde, widersprüchliche, widerständige und lebendige Traditionen und wunderliche Dinge, sprich auf: Kultur. Die reicht vom Bauernkalender bis zu den Nothelfern. Seine Neugier, vermittelt im Gespräch und in den Büchern, steckt an, man interessiert sich für Dinge, von denen man vorher noch nie gehört hat. Er beschenkt seine Leserinnen und Hörer mit einem Blick auf die Natur, der seinesgleichen sucht. Seine unzähligen literarischen Werke bieten Schichten, Stimmen und Spuren an – und das durchaus mit großen Portionen Subversion. Da durchwandert einer die Sprache wie Landschaften, die vertraut sind – und doch immer auch unvertraut.

Geboren 1943 in Salzburg, studiert Bodo Hell Orgel am Salzburger Mozarteum, Film und Fernsehen an der Akademie für Musik und darstellende Kunst in Wien sowie Philosophie, Germanistik, Geschichte an der Universität Wien. So weit aufgespannt wie sein Interesse
zeigen sich auch seine Projekte mit Musikern und Künstlern. 2006 nimmt er am Bachmannpreis-Bewerb teil und schreibt der FURCHE einen Bericht darüber, der vieles zeigt, was andere übersehen.

Seit vielen Jahren verbringt er den Sommer als Alpenhirt mit zig Tieren auf der Grafenbergalm im Dachsteingebiet, das er kennt wie kaum ein anderer. Am 9. August ist der vielfach ausgezeichnete Schriftsteller zu einer Wanderung aufgebrochen und nicht mehr zu seiner Hütte zurückgekehrt. Er fehlt.

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