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„Wir müssen den Rückgang abfangen"

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FURCHE: Die SPÖ hat - nach den bisherigen Regionalwahlen, nach Meinungsumfragen — abgebaut. Die relative Mehrheit ist gefährdet bis weg. Welche Latte hat sich der neue SPÖ-Zentralsekre-tär gelegt: Halten — oder Rückeroberung der absoluten Mehrheit?

PETER SCHIEDER: Es ist verfrüht, darüber zu sprechen. Auf jeden Fall aber: den Rückgang, der sich in den letzten Wochen und Monaten gezeigt hat, wieder abfangen.

FURCHE. Steht nicht die Öffentlichkeitsarbeit der SPÖ, für die Sie verantwortlich zeichnen, vor einem Dilemma? Einerseits gilt es, eine gedeihliche und harmonische Zusammenarbeit in der Regierung mit der FPÖ darzustellen, andererseits führt der Weg, will die SPÖ stärker werden, vielleicht zurück zur absoluten Mehrheit, doch nur über eine schlüssige Argumentation, daß es ohne die FPÖ noch besser ginge.

SCHIEDER: Die Notwendigkeit einer derart schlüssigen Argumentation sehe ich in erster Linie nicht. Für die SPÖ ist es wesentlich, zu zeigen, daß sie, was Programme, Personen und Vorstellungen betrifft, besser als die

ÖVP ist. Was die Öffentlichkeitsarbeit betrifft, geht es darum, den Mitarbeitern der Partei wieder Zuversicht zu geben, jetzt mit der „Perspektiven"-Diskussion zu zeigen, daß auch die Bewältigung der Probleme der nächsten zehn bis 15 Jahre am besten mit der SPÖ geschieht.

FURCHE: Hat die SPÖ bisher ihre Akzente in der Regierungspolitik, auch im Kontrast zur FPÖ, klar genug herausgearbeitet?

SCHIEDER: Ich glaube, daß sie das hat - aber das ist nie ein abgeschlossener Prozeß. Es wird in einer Koalitionsregierung laufend neue Fragen geben — durch den Koalitionspartner, durch das Parlament, durch die Opposition und die Öffentlichkeit —, bei denen die Unterschiede herausgearbeitet werden müssen. Gleichzeitig muß aber auch gezeigt werden, daß die Zusammenarbeit in der Koalition sehr gut funktioniert.

FURCHE: Die SPÖ müßte sich nicht nur von ÖVP und FPÖ unterscheiden. Es stürmen ja auch neue Gruppierungen, Alternative etwa, an.

SCHIEDER: So stark stürmen ja die Alternativen nicht. Das sind ja Einzelleistungen, nicht mannschaftliche Leistungen. Aber selbstverständlich ist die Frage aller neuen Bewegungen eine, die für die Sozialdemokratie eine große Bedeutung hat, darüber hinaus für die Parteien überhaupt: Es werden ja Belange des demokratischen Verständnisses in Frage gestellt — manche zu Recht, manche zu Unrecht.

FURCHE: Zu Recht wird in Frage gestellt...

SCHIEDER:... ob sich wirklich ein Volkswille auf geradezu mystische Weise allein in den allgemeinen Vertretungskörperschaften manifestiert, ob es nicht eine Ergänzung zur repräsentativen Demokratie geben sollte durch Formen der unmittelbaren und direkten Demokratie, auch als Voraussetzung für die Entscheidungen der Organe selbst.

FURCHE: Und zu Unrecht wird in Frage gestellt?

SCHIEDER: Parteien und Demokratie. Selbst wenn man bei althergebrachten Institutionen eine Reform verlangt, muß man dennoch den Wert ihrer Existenz für die Gesellschaft erkennen und darf sie nicht generell abwerten.

Mit dem neuen Zentralsekretär der SPO sprach Hannes Schopf.

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