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Regel-Recht

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Vor sieben Monaten hat die FURCHE (48/1985) einen Entwurf für ein „Bundesgesetz über die künstliche Befruchtung beim Menschen“ der Öffentlichkeit zur Diskussion vorgelegt.

Zum ersten Mal in Österreich wurde damit der Versuch unternommen, umfassende Regeln für die Anwendung der modernen Methoden der Sterilitätsbehandlung wie etwa In-vitro-Fertilisation (Retortenzeugung) aufzustellen.

Andererseits wollte diese FUR-CHE-Initiative den Gesetzgeber aus der Reserve locken. Denn trotz verschiedener ablehnender Stellungnahmen aus allen politischen Lagern zum Beispiel bezüglich der Leihmütter oder dem Experimentieren an und dem Handel von menschlichen Embryonen, stellten sich die Politiker taub, wann immer die Forderung nach diesbezüglichen Gesetzen oder zumindest Regelungen erhoben wurde.

Jetzt liegt ein Gutachten einer „Kommission der österreichischen Rektorenkonferenz für In-vitro-Fertilisation“ vor, das der Bundesregierung gleichfalls rechtliche Regeln in diesem Bereich empfiehlt. Diese multidiszi-plinäre Kommission aus namhaften österreichischen Juristen, Medizinern, Sozialwissenschaftern und Moraltheologen hatte sich im März 1985 auf Ersuchen von Wissenschaftsminister Heinz Fischer konstituiert, um eine Stellungnahme zum Problem der In-vitro-Fertilisation auszuarbeiten.

Wie der Vorsitzende der Kommission, der Professor für Bürgerliches Recht an der Universität Wien, Franz Bydlinski erklärt, kam das zehnköpfige Expertengremium einhellig zur Auffassung, daß — auch in Hinblick auf die international und auch in Österreich längst eingetretene Entwicklung—der In-vitro-Fertilisation nicht generell mit normativen Mitteln entgegengetreten werden soll. Allerdings könne auch nicht empfohlen werden, die In-vitro-Fertilisation uneingeschränkt und ohne Rücksicht auf die näheren Umstände zuzulassen.

Die wichtigsten Empfehlungen der Bydlinski-Kommission in Stichworten:

Behandlung der Steriliät durch In-vitro-Fertilisation nur dann,

wenn alle anderen Methoden aussichtslos sind;

Anwendung nur bei Ehepaaren oder eheähnlichen Lebensgemeinschaften, sodaß erwartet wer.den.kann, daß dasKindia^ge-ordneten Familienverhältnissen aufwachsen wird;

die Verwendung von Samen, der nicht vom Partner stammt, ist nur als ultima ratio zulässig; in diesem Fall muß der Ehemann oder Lebensgefährte zuvor zustimmen und auf die Bestreitung der ehelichen Geburt der Kinder verzichten;

die Identität des Samenspenders ist vom Arzt zwar zu dokumentieren, dem Kind und den Wunscheltern gegenüber jedoch geheimzuhalten;

Leihmutterschaft ist unzulässig, das heißt, wenn ein von einer anderen Frau stammendes Ei öder ein Embryo auf eine austragende Frau transferiert wird zu dem Zweck, das Kind nach der Geburt an irgend jemand anderen herauszugeben;

der Transfer eines von einer anderen Frau stammenden Eies oder Embryos auf eine austragende Frau, die das Kind zur Welt bringt und behält, ist unter bestimmten Voraussetzungen zulässig.

Darüber hinaus empfiehlt die Kommission strenge Richtlinien für die medizinische Forschung an Embryonen: sie soll nur dann erlaubt sein, wenn sogenannte überzählige Embryonen, die unter Umständen aus einer In-vitro-Fertilisations-Behandlung entstehen, unter keinen Umständen eine Uberlebenschance haben.

Auf jeden Fall unzulässig sind Forschungen an menschlichen Embryonen, wenn die Möglichkeiten des Tierversuchs nicht ausgeschöpft sind, wenn der Embryo über den Entwicklungsstand des 14. Tages nach der Befruchtung hinaus kultiviert wird, wenn künstliche Mehrlingsbildung (Klonierung) oder die Züchtung von Menschen mit besonderen Eigenschaften beabsichtigt ist.

Strafrechtliche Sanktionen will die Kommission nur für den Fall der gezielten Erzeugung von Embryonen für die gewerbliche Verwertung eingeführt wissen. An-sonst sollten die Regeln über das ärztliche Disziplinarrecht durchgesetzt werden.

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