Coronamaßnahmen: Wir können das schon!
„Das Beste aus beiden Welten“ sollte Türkis-Grün bringen. Mittlerweile bekämpft man zunehmend erratisch Viren und Verschwörungsmythen. Vielleicht würde es helfen, den Bürger(inne)n mehr zuzutrauen.
„Das Beste aus beiden Welten“ sollte Türkis-Grün bringen. Mittlerweile bekämpft man zunehmend erratisch Viren und Verschwörungsmythen. Vielleicht würde es helfen, den Bürger(inne)n mehr zuzutrauen.
Viele Mails haben wir bekommen dieser Tage. Mails von Menschen, die wir nicht kannten – mit Worten, die vielfach identisch waren. Von „Diktatur“ war darin die Rede, von „Vasallen“, „Volksgesundheit“ – und der Notwendigkeit, sich endlich zu wehren: gegen die Politik, gegen die Medien, gegen „das System“. Anlass war einmal mehr eine verunglückte Verordnung: Gleichsam ohne Begutachtung sollten das Epidemie- und das Covid-19-Maßnahmengesetz geändert werden, um ein „Freitesten“ aus dem dritten Lockdown zu ermöglichen. Eine unausgegorene Idee, die auch noch schlecht kommuniziert wurde und deshalb längst wieder verschwunden ist. Doch Wut und Misstrauen bleiben.
Genau ein Jahr ist es her, dass die türkis-grüne Regierung in Österreich das Ruder übernahm. Eine neuartige Kombination, von der man trotz oder gerade wegen widersprüchlicher Programmatik – hier der Fokus auf Sicherheit und Eigenverantwortung, dort der Schwerpunkt auf Solidarität und Nachhaltigkeit – einiges erwartete; nach den Ibiza-Tiefen zumindest ein Mindestmaß an Integrität und Professionalität.
Doch professionell ist man nur im Geübten, im Gewohnten, in einer Welt, deren Mechanismen man kennt. Kaum im Amt, wurde diese Welt von einem Virus aus den Angeln gehoben. Seither herrscht globaler Ausnahmezustand – und selbst Professionisten sind zum Improvisieren verdammt.
Ohne Abstand und Anstand
Die türkis-grüne Regierung versuchte dies, indem sie zumindest bei der Inszenierung des Improvisierten auf (türkis) Eingeübtes setzte: auf kontrollierte Kommunikation und Anweisungen top down. Heute, ein Jahr nach Ausbruch der Pandemie, ist dieses Modell für alle spürbar an sein Ende gekommen. „Coronaleugner“, die mittlerweile auch in Österreich völlig abstandslos durch die Straßen marschieren und völlig anstandslos Judensterne tragen, sind nur der krasseste Beleg für das gesellschaftliche Gären. Spätestens die „Operation Massentest“ am Ende des zweiten Lockdowns ließ auch die breite Masse an der strategischen Logik der Entscheider zweifeln; Bilder überlaufener Skilifte, während selbst Museen oder Gottesdienste als lebensgefährlich galten und die Mehrheit der Menschen in ihren Stuben hockte, gab vielen dann den Rest.
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