USA - © Foto: Pixabay

US-Wahl: Die amerikanische Tragödie

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Bei den TV-Debatten zwischen Biden und Trump geht es nicht nur um die US-Demokratie. Wenn die Weltpolizistenrolle wegfällt, wird es für Europa ungemütlich und autoritären Führern im Globalen Süden ist schwer etwas entgegenzusetzen. Über Erosionsprozesse, Verschiebungen, Umdeutungen und Transformationen.

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Bei den TV-Debatten zwischen Biden und Trump geht es nicht nur um die US-Demokratie. Wenn die Weltpolizistenrolle wegfällt, wird es für Europa ungemütlich und autoritären Führern im Globalen Süden ist schwer etwas entgegenzusetzen. Über Erosionsprozesse, Verschiebungen, Umdeutungen und Transformationen.

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Biden war in der Diskussion nicht gut. Und Trump ist Trump, der Antityp eines reifen, anständigen Menschen. Die unleidliche Situation ist vielfach kommentiert worden. Aber es geht nicht nur um die US-Demokratie, die sich schon jetzt in einem verheerenden Zustand befindet. Man könnte ja sagen, dass die Amerikaner halt die Suppe, die sie sich sehenden Auges einbrocken, auslöffeln müssen. Doch uns darf die Sorge umtreiben, dass wir sie mitauslöffeln müssen.

Denn erstens ist immer noch Amerika die Hegemonialmacht, und Europa hat es sich unter dem Schutz des Imperiums wohl sein lassen. Wenn Amerika nicht mehr den Weltpolizisten spielen will, wird es ungemütlicher. Denn Europa ist bekanntermaßen verteidigungsunfähig und in weiten Teilen überhaupt handlungsunfähig. Zweitens wird der Westen schlechthin fragil, wenn die USA wackeln – das „westliche“ Lebensmodell, die über mehr als 2000 Jahre gewachsene Weltvorstellung, das Menschenbild. Europa hat nicht die Kraft, diese Idee aufrechtzuerhalten, zumal quer durch den Westen die simplen und die quasi-intellektuellen Barbaren in links- und rechtsautoritärer Spielart inside the gates unterwegs sind.

Drittens steht das liberaldemokratische Modell zur Disposition, ohnehin ein Minderheitsmodell auf der Welt. Beim Blick auf das amerikanische Desaster kann man autoritären Führern im Globalen Süden schwer etwas entgegnen, wenn sie sagen: Das brauchen wir nicht. Menschenrechte und Freiheiten sind europäisches Vorurteil und kolonialistische Anmaßung. Wir machen es anders. Europa, Westen, Demokratie: Das verschwindet nicht mit einem Schlag.

Es sind Erosionsprozesse, Verschiebungen, Umdeutungen, Transformationen. Doch am Ende sind die Errungenschaften verspielt.

Der Autor ist Professor für Soziologie an der Universität Graz.

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