EZB - © Foto: APA / dpa / Arne Dedert

Europäische Zentralbank zerreibt sich zwischen Zielen

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Die EZB senkt den Euro-Leitzins. Doch dieser Schritt kommt zu spät und ist zeigt nur, dass die Ziele der Europäischen Zentralbank im Konflikt miteinander stehen.

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Die EZB senkt den Euro-Leitzins. Doch dieser Schritt kommt zu spät und ist zeigt nur, dass die Ziele der Europäischen Zentralbank im Konflikt miteinander stehen.

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Nach der jüngsten Senkung des Euro-Leitzinses um 0,25 Prozent steht die Europäische Zentralbank (EZB) in einem schmerzhaften Zielkonflikt zwischen weiteren zinspolitischen Erleichterungen und dem Beharren auf hohen Zinsen bis zur Erreichung der Inflationsmesslatte von zwei Prozent.

Immer deutlicher wird, dass der kollektive Modus der Entscheidungsfindung im EZB-Rat gerade in Krisensituationen zu fatalen Verzögerungen notwendiger Handlungsschritte führen kann. So hieß es noch bis zum Frühsommer 2022, man werde von den damaligen Nullzinsen erst abrücken, sobald eine Mindest(!)-Inflation von knapp unter zwei Prozent erreicht sei. Nach viel zu langem Zögern folgte dann innerhalb eines halben Jahres eine Kaskade von Zinserhöhungen, die nicht nur zum Platzen spekulativer Blasen, sondern auch zu heftigen Einbrüchen der Konjunktur führten. Immerhin gelang es in der Folge, die zwischenzeitlich auf bis knapp über zehn Prozent explodierte Inflation wieder einzubremsen. Zuletzt ging sie sogar auf 2,6 Prozent zurück.

Zinsentwicklung muss abnehmen

Zu hoffen ist nun, dass die EZB mit weiteren Zinsschritten nach unten nicht allzu lange wartet, nur um das anscheinend in Stein gemeißelte Zwei-Prozent-Ziel punktgenau zu treffen. Es ist nämlich hoch an der Zeit, von den lichten Höhen geldtheoretischer Prognosemodelle in die Niederungen der „Realwirtschaft“ zu steigen, um deren Bedürfnissen mitten in der größten Insolvenzwelle seit der Finanzkrise besser gerecht zu werden.

Zugleich gilt es, sich der Tatsache zu stellen, dass die Jahre einer das Preisgefüge dämpfenden, dynamischen Globalisierung vorbei sind. Die neuen handelspolitischen Gegebenheiten werden wohl für längere Zeit leicht erhöhte Inflationsraten zur Folge haben. So viel Realitätssinn muss sein.

Der Autor ist Ökonom und Publizist.

Dieser Artikel ist im Original unter dem Titel Geldpolitik im Zielkonflikt am 20. Juni 2024 erschienen.

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