Schuhe von Adidas - © APA/dpa/Daniel Karmann

Die dunkle Geschichte der Adidas SL 72

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Adidas' neue Kampagne mit Bella Hadid für den Sneaker „Adidas SL 72“ sorgt für Empörung. Das Modell erinnert an die Olympischen Spiele 1972, bei denen palästinensische Terroristen israelische Sportler ermordeten.

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Adidas' neue Kampagne mit Bella Hadid für den Sneaker „Adidas SL 72“ sorgt für Empörung. Das Modell erinnert an die Olympischen Spiele 1972, bei denen palästinensische Terroristen israelische Sportler ermordeten.

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Sportschuhe sind an dieser Stelle normalerweise kein Thema. Marketingabteilungen ebenso wenig. Aus gegebenem Anlass eine Ausnahme: Denn auch Werbung kann politisch werden – gewollt oder ungewollt. Adidas hat seinen Sneaker „Adidas SL 72“ als Retromodell neu aufgelegt und wirbt dafür mit der Mode-Influencerin Bella Hadid. Der Sportschuh soll an das Modell erinnern, das Adidas zu den Olympischen Spielen 1972 auf den Markt gebracht hat. Diese Spiele waren das reinste „Sommermärchen“, wie man das in Deutschland ja seit einiger Zeit von Sportevents im eigenen Land zu sagen pflegt. München, das war Leichtigkeit, Fröhlichkeit. Die Welt erlebte ein Nachkriegsdeutschland, das sich von seiner Hitler-Vergangenheit gelöst hatte. Auch Adidas, nebenbei bemerkt, hatte seine unrühmliche NS-Firmengeschichte hinter sich gelassen. Eigentlich logisch also, dass man mit der Sneaker-Neuauflage dieses beschwingte Gefühl aufleben lassen wollte. So oder so ähnlich dürften sie in der Marketingabteilung gedacht haben, als sie den Slogan entwickelten: „Inspiriert von der Geschichte, gemacht für heute.“

Die Schattenseite der Olympischen Spiele 1972

Aber … huh … da war doch noch was!? Ach ja! Bei den Olympischen Spielen 1972 ermordeten palästinensische Terroristen der Gruppe Schwarzer September elf Sportler und Betreuer des israelischen Teams. Dieser Teil der Geschichte muss den Werbeleuten am Firmensitz in Herzogenaurach entfallen sein. Oder wie sonst ist zu erklären, dass sie sich mit Bella Hadid ausgerechnet für ein Fotomodel mit palästinensischen Wurzeln entschieden haben? Noch dazu ist Bella Hadid seit dem Terrorüberfall der Hamas auf Israel durch israelfeindliche Parolen in Social Media aufgefallen. Dort war die Empörung über die Kampagne riesig. Jetzt will Adidas seine Werbung „überarbeiten“. Hoffentlich gehört dazu auch ein Geschichtskurs für die Marketingabteilung.

Die Autorin ist Redaktionsleiterin Ausland und politischer Hintergrund beim Bayerischen Rundfunk.

Dieser Artikel ist im Original unter dem Titel "Retro – inwiefern?" am 25. Juli 2024 in der FURCHE erschienen.

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