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Groß, größer, konkurrenzfähiger?

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Österreichs „vorwiegend Klein- und mittelbetriebliche Struktur" war jahrzehntelang eine Standardfloskel zwischen Stolz und Resignation. Die Banken zeigen inzwischen einen massiven Drang zur Gi-gantonomie, bei dem eines nicht ganz klar ist: Warum dieser Fusionskoller?

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Österreichs „vorwiegend Klein- und mittelbetriebliche Struktur" war jahrzehntelang eine Standardfloskel zwischen Stolz und Resignation. Die Banken zeigen inzwischen einen massiven Drang zur Gi-gantonomie, bei dem eines nicht ganz klar ist: Warum dieser Fusionskoller?

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Eine zustandegekommene Fusion (die zwischen der Zentralsparkasse und der Länderbank) und eine nicht zustandegekommene (jene zwischen der Ersten und der Girozentrale) haben auch in Österreich die Frage nach der optimalen Untemehmungsgröße aktualisiert. Dies mit einiger Verspätung. Außerhalb Österreichs rollt die Korizentrationswelle schon seit etwa zwei Jahrzehnten, und mindestens ebensolange basteln Futurologen an der Zukunftsvision von einer Handvoll weltumspannender „Multis".

Österreich hatte sich von solchen - sei es Wunsch-, sei es Angstträumen - lange Zeit nicht aus seinem strukturpolitischen Schlummerzustand schrecken lassen. Die „vorwiegend klein- und mittelbetriebliche Struktur der österreichischen Wirtschaft" war eine Standardfloskel, aus der meist Resignation, bisweilen aber auch Stolz herausklang.

Die Diskussion über eine adäquate Unter-nehmens-Größenstruklur hat hierzulande erst unter dem neuen Aspekt der „Europareife" eingesetzt. Daß es gerade im Bereich der Finanzdienstleistungen nicht bei der bloßen Diskussion geblieben ist, hat einen simplen Grund: Bei den Banken (und bei den Versicherungen) dauert es nicht bis zum EG-Beitritt Österreichs, ehe sie voll im internationalen Wettbewerb stehen; auch genügt das Stichwort Schweiz, um deutlich zu machen, daß hier EG kein Kürzel für Europa ist.

Nun war - entgegen einer weitverbreiteten Meinung - der Konzentrationsgrad im österreichischen Bankwesen auch schon bisher eher größer denn geringer als anderswo: Ende 1988 entfielen auf die größten zehn Institute in Österreich 53 Prozent, hingegen in der Bundesrepublik nur 41 Prozent und in den USA sogar*bloß 25 Prozent der Bilanzsumme aller Banken, und gemessen am jeweiligen Sozialprodukt waren das 122 Prozent, gegen 78 Prozent in der Bundesrepublik und nur 17 Prozent in den USA. Allerdings ist innerhalb dieser größten zehn Institute die Verteilung in Österreich gleichmäßiger; nur wenn auch die Fusion Erste-GZ zustandegekommen wäre, hätte es auch in Österreich die für die Bundesrepublik und die Schweiz kennzeichnende Dominanz von drei bis vier ganz großen Banken gegeben.

Ob eine solche Dominanz unerläßlich ist, hängt von der Rolle ab, die die österreichischen Banken künftig spielen sollen (und können): Um wirklich global tätig zu werden, wären die österreichischen Banken auch in jeder denkbaren Fusionskonstellation um eine Schuhnummer zu klein. Durchaus potente Regionalbanken oder vollends Spezialbanken - etwa für Transaktionen mit Ost-Mitteleuropa - könnten die meisten von ihnen aber auch ohne Zusammenschluß sein.

Dennoch ist im österreichischen Bankwesen nicht zufällig schon seit geraumer Zeit ein Konzentrationsprozeß im Gange (der allerdings von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen wurde, solange es um so unspektakuläre Vorgänge wie die Dezimierung der Sparkassen von 172 im Jahre 1971 auf 117 Mitte 1991 und die der Volksbanken von 163 auf 97 oder um die „Mini-Fusion" der Eisenstädter Bank mit der burgenländischen Hypo ging): Markant geringer als fast durchwegs im Ausland ist nämlich die Ertragskraft der österreichischen Banken.

Das hat zwei Hauptgründe: Mit einer Geschäftsstelle je 1.348 Einwohnern ist Österreich eindeutig „overbanked", und wegen des anscheinend unwiderstehlichen Dranges zur Universalbank belasten sich auch kleine Institute mit den Kosten einer übermäßig breiten Angebotspalette.

In beiden Bereichen könnten Fusionen beträchtliche Synergieeffekte zeitigen. Leider ist hier der Konjunktiv angebracht, denn um diese voll zu realisieren, müßten anstelle von einander ergänzenden gerade möglichst gleichartige Institute fusionieren, lies: solche, die parallel aufgebaute Spezialabteilungen zusammenlegen und die insbesondere alle jene Filialen schließen könnten, die sie eigens möglichst unmittelbar gegenüber einer „gegnerischen" Zweigstelle errichtet hatten. Das Publikum würde dem Nebeneinander von Filialen, in denen unter verschiedenen Bezeichnungen dieselben Produkte angeboten werden, wohl ebensowenig nachtrauern, wie es dem Nebeneinander von Tankstellen, bei denen dasselbe Benzin mit unterschiedlichen Markennamen versehen worden war, eine Träne nachgeweint hat...

Der Autor ist Wirtschaftspublizist und Herausgeber der ..Finanznachrichten".

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