Gebet - © Foto: Pixabay / truthseeker08

Wie religiöse Rituale helfen, sich selbst zu erkennen

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Die eigenen Schwächen zu erkennen, ist schwierig. Doch gleich mehrere monotheistische Religionen bieten Wege, sich selbst zu konfrontieren – im Angesicht Gottes.

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Die eigenen Schwächen zu erkennen, ist schwierig. Doch gleich mehrere monotheistische Religionen bieten Wege, sich selbst zu konfrontieren – im Angesicht Gottes.

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Wenn Religionen davon sprechen, dass man erkennen muss, wann man sich für das Wohl der Gemeinschaft zurückziehen und entsprechend handeln muss, hört sich dies nach einem abstrakten Appell an, der mit unserer Lebenswirklichkeit wenig zu tun hat. Die Aufforderungen an den amerikanischen Präsidenten Biden, er möge seine Präsidentschaftskandidatur für eine erneute Amtszeit zurückziehen, der er dann nachgegangen ist, führt vor Augen, wie schwierig das Loslassen ist.

Mir geht es hier nicht um eine Parteinahme für eine bestimmte Person im Kontext des amerikanischen Wahlkampfs, sondern um das Phänomen des Loslassens an sich. Dieses Phänomen ist oft mit der Abgabe von Macht und Kontrolle verbunden, weshalb wir uns damit oft schwertun.

Die eigenen Intentionen falsch einschätzen

Was hat dies jedoch mit Religion zu tun? Für mich als Muslim steht fest, egoistische Motive gehören unbedingt entlarvt und beseitigt, vor allem dann, wenn sie den Interessen der Gemeinschaft schaden. Die Herausforderung bleibt jedoch, zu erkennen, wann egoistische Motive die Oberhand gewinnen. Denn wer würde dies für sich selbst einsehen oder feststellen können? Wir neigen vielmehr dazu, unsere Intentionen als rein für die Sache zu sehen, auch wenn dies objektiv gesehen nicht der Fall ist. Hier hilft nur die ständige Auseinandersetzung mit sich selbst und den eigenen Intentionen und Beweggründen.

Anders gesagt, hier ist viel Selbsterkenntnis gefragt. Sind aber nicht gerade religiöse Rituale, wie das Gebet oder das Fasten, solche Räume des Rückzugs, um in die Tiefen seines Ich einzutauchen, um sich im Angesicht Gottes mit sich selbst zu konfrontieren? Ist die koranische, aber auch die biblische, Rede vom Läutern des Herzens als Weg zur Gottesnähe nicht die Kernbotschaft der drei monotheistischen Religionen, die wir heute angesichts verschiedener Krisen in der Welt dringend benötigen?

Der Autor leitet das Zentrum für Islamische Theologie an der Uni Münster.

Dieser Artikel erschien ursprünglich am 25. Juli 2024 unter dem Titel "Loslassen können".

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