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FPÖ: Die Stunde der Jungen

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Von „Chaos“ und „Ende“ war die Rede wie immer, wenn einige Blattmacher ans Auszählen der Titelzeilen schreiten und nur noch vier oder fünf Buchstaben frei haben. Trotzdem wird ihnen die FPÖ den Gefallen eines chaotischen Sterbens nicht erweisen, weil eine letztlich doch historisch gewachsene Partei nicht am Rücktritt eines Obmanns und schon gar nicht an einer Schlagzeile eingeht.

Das sei einmal vorweg gesagt, weil in diesem Blatt in früheren Jahren das sogenannte nationalliberale Lager nicht gerade überschätzt worden ist.

Gewiß: Für die allermeisten von uns ist die Frage nach dem deutschnationalen Selbstverständnis der Österreicher antiquiert, und das aus guten Gründen. Aber wer noch immer etwas daran findet, hat dazu ebenso ein Recht wie ein Christdemokrat, Sozialist oder Kommunist auf seine politische Überzeugung.

Gewiß: Nicht alle in der FPÖ sind liberal. Aber auch nicht alle in der SPÖ sind sozial und nicht alle in der ÖVP christlich. Wenn die FPÖ heute von der Bildfläche verschwände, würden mit ihr nicht alle ihre Anhänger verschwinden. Diese würden sich auf die beiden Groß parteien verteilen (mehrheitlich wohl auf die SPÖ) und, vielleicht zum größeren Teil sogar, in die „innere Emigration“, in Parteien-, Demokratie- und Staatsverdrossenheit sich zurückziehen.

Solches ist nicht wünschenswert. Deshalb muß man im Interesse der Demokratie auf eine Überwindung der Krise auch in der Freiheitlichen Partei Österreichs bauen.

Daß die Hauptschuld an dieser Krise Alexander Götz trifft, steht außer Zweifel. Seine politischen Tage sind wohl auch in Graz gezählt. Aber man würde es sich zu leicht machen, in der Person des gescheiterten Obmanns allein die Ursache für die derzeitige Ratlosigkeit in der FPÖ zu suchen.

Die Partei ist ratlos, weil es ihr schwerfällt, ihren gesellschaftspolitischen Standort klar gegenüber anderen abzugrenzen. Sie ist ratlos, weil die Taktik des letzten Obmanns, auf die Sozialisten mit dem Messer loszugehen, zumindest kurzfristig nichts gebracht hat - aber die Taktik seines 20-Jahre-Vorgängers Friedrich Peter, mit ihnen ins politische Bett zu gehen, auch nichts. Was also tun?

Darüber müssen sich nun allmählich die Jungen in der Partei klar werden, die persönlich von keiner historischen Hypothek belastet sind, zum Teil erfrischend unkonventionelle Ideen vertreten, persönlich vielfach einen guten Eindruck machen und bisher stark im Schatten der alten Garde gestanden sind.

Deshalb wäre die Wahl eines neuen Obmanns aus der alten Garde eine unglaubwürdige Verlegenheitslösung. Jetzt sollen die Jungen zeigen, was sie wollen und was sie können. Freilich wäre es gut, wenn der künftige FPÖ-Chef auch ein Mandat im Nationalrat hätte oder bald bekäme - einfach deshalb, weil die Mißachtung von Volksauftrag und Parlament durch Alexander Götz zu dessen schwersten Mängeln zählte.

Ein FPÖ-Obmann mit mehr politischem Punch, als Götz ihn hatte, könnte unter den vielen Parlamentsskeptikern in Österreich eine formidable „außerparlamentarische Opposition“ aufbauen, die man im Interesse der repräsentativen Demokratie nicht wünschen kann.

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