Wie Wien mit seiner Parkkultur umgeht

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"Aus Sicherheitsgründen" haben die Bundesgärten einen prachtvollen Baum verstümmelt. Für Daniela Strigt ein trauriges Menetekel urbanen Naturverständnisses.

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"Aus Sicherheitsgründen" haben die Bundesgärten einen prachtvollen Baum verstümmelt. Für Daniela Strigt ein trauriges Menetekel urbanen Naturverständnisses.

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Was die Bundesgärten mit dem Naturdenkmal der einstmals prachtvollen Sisi-Platane im Wiener Volksgarten angestellt haben, ist symptomatisch für den Umgang mit der historischen Parkkultur am Ring: 250 Jahre alt ist dieser Baum, er war 26 Meter hoch, die Krone voll belaubt – jetzt hat man ihn „aus Sicherheitsgründen“ verstümmelt bis auf den Stamm, ein trauriges Menetekel des urbanen Naturverständnisses, Klimakrise hin oder her. Wie zum Trotz treibt der zum Tod verurteilte Riese kleine Laubbüschel.

Aber auch das Gefühl für die Ästhetik der vor 200 Jahren vom Kaiser für das Volk geöffneten Anlage ist den Verwaltern abhanden gekommen, allein die immer noch prächtigen Rosenstöcke widerstehen dem Bild fortschreitender Vernachlässigung. Metallene Absperrgitter verwehren den Zutritt zum Grillparzer-Denkmal, bei Sisi am anderen Ende überwuchern die Hecken die Steinbänke, und monströse, offensichtlich als Provisorien auf Betonquadern montierte Mastleuchten mit freihängenden Kabeln verschandeln seit Jahren das imperiale Ambiente.

Wer sich freilich in den Rathauspark vis-à-vis flüchten möchte, wird diesen kaum in unversehrter, dem Erholungszweck gewidmeter Form vorfinden. Christkindlmarkt, Eistraum, Steiermark-Frühling, Bike Festival, Wienliebe, Festwochen, Vienna Pride, Filmfestival, Public Viewing und so weiter: Die nach der Pandemie hemmungsloser denn je betriebene Eventnutzbarmachung frisst sich wie ein Krebsgeschwür vom Rathausplatz immer tiefer in den eigentlichen Park hinein, jahraus, jahrein Maschinen, Motoren, Kräne, WCs, Gitter, Aufbau, Abbau, Umbau. Inzwischen sind die zentralen Springbrunnen-Plätze und weite Parkteile auch in der schönen Jahreszeit für die Wienerinnen und Wiener nicht mehr zugänglich. Wann der Bürgermeister net will, nutzt es gar nix. Der Kaiser kann ihnen nicht mehr helfen.

Die Autorin ist Germanistin und Literaturkritikerin.

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