Natürliche Intelligenz

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Über sonderbare Anweisungen, die Kunst der Beschreibung, die eigenartige Sprache der Musikkritik und Einsatzmöglichkeiten von Künstlicher und Natürlicher Intelligenz.

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Über sonderbare Anweisungen, die Kunst der Beschreibung, die eigenartige Sprache der Musikkritik und Einsatzmöglichkeiten von Künstlicher und Natürlicher Intelligenz.

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Ich liebe diese Bücher, in denen steht, wie man einen Roman schreibt. In einem davon las ich die Anweisung: „Beschreiben Sie keine Sonnenaufgänge!“ Ja, weiß der Autor denn nicht, dass Verbote dazu verführen, sie zu brechen? Ich habe mich daher entschlossen, einen Roman zu schreiben, der ausschließlich aus Beschreibungen von Sonnenaufgängen besteht – vielleicht aufgelockert durch ein paar Sonnenuntergänge. Etwas zu beschreiben, gehört sprachlich zu einer der schwierigsten Aufgaben. Thomas Bernhard hat es gleich bleiben lassen, wie er in der berühmten Interviewpassage erklärt hat, in der er die Beschreibung eines Orangenbaums persifliert.

Beschreibungen verführen dazu, einen reichen Wortschatz zu verwenden und damit doch gar nichts zum Ausdruck zu bringen. Den Gipfel des so entstehenden Nonsens erreichen Beschreibungen von Weinen und Pop-Musik-Rezensionen. „Komplexe Struktur und weicher Körper mit guter Stoffigkeit.“ Was soll das sein? Solche Beschreibungen sind so sinnlos, dass hier die KI vielleicht doch sinnvoll zum Einsatz kommen könnte; nicht nur, indem sie diese Texte verfasst, sondern indem sie sie auch lesen muss.

Immer wieder versuche ich, mich über aktuelle Popmusik zu informieren und vielleicht einmal etwas zu entdecken, das ich möglicherweise hören möchte. Dann lese ich über ein neues Album: „Metallisch düster flirren säurehaltige Beats zu tänzelnden Ambient-House-Klangstrukturen.“ Ich weiß gar nicht, ob hier Musik oder nicht doch ein Wein beschrieben wird. Dann lieber doch zwei, drei Gläser von der „frisch strukturierten Note, im Glas explosiv“. Zur Explosion kam es nicht. Dafür fiel mir das Aufstehen am nächsten Tag schwerer. Das allerdings stand nicht in der Beschreibung des genossenen Weins. Für diese Feststellung brauchen wir die NI – die Natürliche Intelligenz.

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