Theater an der Wien und Staatsoper: Hommage und Thriller
Das Theater an der Wien feiert Arnold Schönberg und Christian Thielemanns fulminantes Dirigat lässt die Szenerie des neuen Staatsopern-„Lohengrin“ geradezu vergessen.
Das Theater an der Wien feiert Arnold Schönberg und Christian Thielemanns fulminantes Dirigat lässt die Szenerie des neuen Staatsopern-„Lohengrin“ geradezu vergessen.
Die Zahl 13 war Arnold Schönbergs Schicksal. Am 13. September 1874, einem Sonntag, wurde er in Wien geboren. An einem Dreizehnten, wie er stets befürchtete, ist er auch gestorben: am 13. Juli 1951 in Los Angeles. Diesmal war es allerdings ein Freitag. Was liegt daher näher, den vor 150 Jahren geborenen Erfinder der auch als Dodekaphonie bekannten Zwölftontechnik mit einem sich um diese Zahl 13 drehenden Musiktheaterabend zu gedenken – und zwar nicht mit einer üblichen Hommage, sondern einem revueartigen Gang durch sein Werk. Damit wird auch aufgezeigt, dass der wirkungsmächtigste Komponist des letzten Jahrhunderts zuweilen gleichzeitig an so unterschiedlichen Werken arbeitete, wie den fürs Kabarett erdachten „Brettl-Liedern“ und den in romantischer Gigantomanie schwelgenden „Gurre-Liedern“.
Mit Ausschnitten aus beidem beginnt „Freitag, der Dreizehnte“, die Produktion des Musiktheaters an der Wien im klassizistischen Ambiente des in Hernals situierten Reaktor – einst ein beliebtes Unterhaltungsetablissement. Sie wurde unversehens zu einer doppelten Hommage. Denn inmitten der Proben ist, für alle überraschend, der Spiritus Rector und wesentliche Konzeptor dieses perspektivischen Schönberg-Unterfangens, der auch an Wiens Staatsoper hochgeschätzte Dirigent Michael Boder, verstorben. So fungiert nun an seiner Stelle seine Assistentin Anna Sushon mit dem brillanten Klangforum Wien und dem exquisiten Arnold Schoenberg Chor als Reiseführer durch diesen 100- minütigen Abend. Verteilt auf drei Orte – die Bibliothek, das Kino und den großen Saal des Reaktors – werden Ausschnitte aus 16 Werken Schönbergs präsentiert, ergänzt durch das Richard-Strauss-Lied „Zueignung“ und dem auf der Klarinette intonierten „Erbarme dich“ aus Bachs Matthäus- Passion. Es sind mit höchster Sachkenntnis ausgewählte, klug aufeinander abgestimmte Beispiele aus dem OEuvre ei nes Großen, dem Religion und Politik wiederholt Inspirationsquellen waren – wie seine unvollendet gebliebene Oper „Moses und Aron“, „Kol Nidre“ oder „Ein Überlebender aus Warschau“ beweisen. Auch diesen Opera begegnet man in dieser aufregenden Zusammenschau.
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